Fire Emblem Warriors – TEST
Noch in ihrem ersten Jahr erhält die Switch ihr erstes Fire Emblem. Allerdings keinen klassischen Serien-Teil, sondern einen Musō-Ableger, der als geistiger Nachfolger von Hyrule Warriors betrachtet werden kann. In Fire Emblem Warriors stürzen wir uns mit bekannten Charakteren in actionreiche Massenschlachten, inklusive klassischer Elemente der Strategie-Rollenspiel-Reihe.
Fire Emblem Warriors ist das nächste Spiel, das aus einer Zusammenarbeit von Nintendo mit externen Partnern entstanden ist. Wie schon beim geistigen Vorgänger Hyrule Warriors nutzen Omega Force und Koei Tecmo eine bekannte Nintendo-Marke und spendieren dieser einen Musō-Ableger. Das von den beiden Unternehmen dominierte Genre stellt Massenschlachten mit großen Heldenfiguren in den Mittelpunkt und hat neben den Stammreihen Dynasty Warriors und Samurai Warriors in den letzten Jahren auch zahlreiche Spin-offs bekannter Spiele-Franchises hervorgebracht. Mit Fate/Extella: The Umbral Star hat Marvelous im Sommer Switch-Besitzern bereits die Möglichkeit gegeben, Erfahrungen im Genre zu sammeln.
Pathetisches Abenteuer
Die Geschichte von Fire Emblem Warriors ist im Königreich Aytolis angesiedelt. Genauso wie die beiden Hauptfiguren Lianna und Rowan, ist die Spielwelt eine Neuschöpfung, so dass wir es nicht mit einem aus der Reihe bekannten Schauplatz zu tun haben. Welche Auswirkungen das auf das Spielgefühl hat, wird später noch deutlicher ausgeführt, vorerst widmen wir uns weiter der Geschichte. Besagte Protagonisten sind Prinzessin und Prinz des Königreichs. Keiner von ihnen möchte das Erbe des bereits verstorbenen Königs antreten. Stattdessen wollen Rowan und Lianna lieber ein Leben als Ritter führen und bereiten ihrer Mutter damit allerlei Sorgen. Ausgebildet werden sie von ihrem Freund Darios, Prinz des benachbarten Königreichs Gristonne. Eines Tages öffnet sich ein Dimensionstor und Monster überfallen Aytolis. Getrennt von ihrer Mutter treffen Rowan und Lianna auf eine Gruppe Kämpfer, die scheinbar einer anderen Welt entstammen. Schon bald erfahren sie, dass der Chaosdrache zurückkehrt. Nur mit der Kraft von fünf Helden aus anderen Dimensionen kann die Kraft des Flammenschildes erweckt werden, um der Bedrohung Herr zu werden.
Das anschließende Abenteuer führt uns an der Seite von Rowan und Lianna über den gesamten Kontinent und während der Reise treffen wir auf verschiedene bekannte Helden der Fire-Emblem-Reihe. Leider ist die Handlung insgesamt etwas zu seicht erzählt und wirkt stellenweise sehr pathetisch, während die Einbindung der bekannten Charaktere zwar grundlegend gelungen ist, aber oft mit aus dem jeweiligen Spiel entnommenen Elementen versehen ist. Das weckt zwar Erinnerungen, wirkt aber gleichzeitig etwas einfallslos. Zugleich erscheint die Geschichte etwas zerteilt und stark auf die jeweiligen Helden bezogen, nur um dann die letzte Gruppe plötzlich, ohne größere Einführung oder Erklärung einzubinden. Hier verschenken die Entwickler viel Potenzial. Das fällt gerade mit Blick auf Hyrule Warriors auf, das sowohl die Einführung als auch die Nutzung der bekannten Helden besser umzusetzen wusste.
Verschenkter Charme
Allgemein lassen Omega Force, Koei Tecmo sowie Nintendo und Intelligent Systems einige Möglichkeiten ungenutzt. Wieso werden beispielsweise lediglich Figuren aus den beiden jüngsten und dem ersten Fire Emblem in der Geschichte genutzt? Gerade Fire Emblem Fates ist in der Handlung überpräsent vertreten und nimmt eine wichtige Rolle ein. Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit bekannter Schauplätze aus den berücksichtigen Spielen mit einzubinden fast völlig ungenutzt. Dadurch fehlt es Fire Emblem Warriors am Charme, den Hyrule Warriors auch wegen bekannten Umgebungen versprühen konnte. Allerdings ist hier auch die Frage zu berücksichtigen, ob die Fire-Emblem-Reihe Orte mit einem solchen Wiedererkennungswert oder einer ähnlichen Bedeutung wie The Legend of Zelda zu bieten hat. Selbst wenn dieser Aspekt nicht zu hoch gewertet wird, bleiben die vorhandenen Schauplätze oft unspektakulär und werden sehr häufig mehrfach genutzt. Dennoch können die Entwickler beim Aufbau der Schlachtfelder durchaus überzeugen. Erneut bieten die Umgebungen ausreichend Platz und abwechslungsreiche Gegebenheiten für die Kämpfe gegen massenhaft Gegner. Und das ist noch wichtiger, als Wiedererkennungswert oder Abwechslung.
Spielerisch bleibt Fire Emblem Warriors dem Musō-Prinzip treu. Auf den Schlachtfeldern stellen wir uns tausenden Feinden, ihren Kommandanten und namenhaften Anführern. In den meisten Missionen gilt es die über das Schlachtfeld verteilten Festungen zu erobern und so langsam dem jeweiligen Heerführer näher zu kommen, um auch diesen zu bezwingen. Abweichungen wie etwa das Besiegen bestimmter Gegner oder die Rettung eines Helden bringen ein wenig Abwechslung und zwingen uns dazu uns etwas zu beeilen. Zusätzliche Nebenmissionen können für leichten Stress sorgen, fügen sich aber meist gut in das Schlachtengetümmel ein. Das alles macht Spaß und spielt sich dank der umfangreichen Heldenauswahl und ihren voneinander abweichenden Waffen sowie Arten auch unterschiedlich. Wie hoch der Schwierigkeitsgrad ausfällt, ist vor jeder Schlacht wählbar. Eine Besonderheit, die der Fire-Emblem-Vorlage entspricht, müssen wir bereits vor Spielstart festlegen: Wollen wir im klassischen Modus mit permanentem Verlust gefallener Helden spielen oder im einfachen Modus, bei dem gefallene Helden nach einer Schlacht zurückkehren? Bereits seit Fire Emblem: Awakening lässt uns auch die Hauptreiche diese Wahlmöglichkeit. Schön, dass es dieses Element in den Musō-Ableger geschafft hat.
Im Normalfall ziehen wir mit Rowan oder Lianna, abhängig von der Entscheidung, die wir vor Spielstart getroffen haben – aufs Schlachtfeld. Allerdings sind wir dabei bereits sehr früh im Spiel nicht alleine. Insgesamt können bis zu vier spielbare und vier unterstützende Charaktere an einer Schlacht teilnehmen. Alle acht Helden treten gegen die Feinde an und wir können ihnen Befehle erteilen. Moment, Befehle? Ganz richtig. Hier findet sich ein klassisches Fire-Emblem-Element. Mittels Übersichtkarte, die wir jederzeit aufrufen können, lässt sich jedem unserer an der Schlacht beteiligten Helden ein Befehl erteilen. So können wir diese an einen bestimmten Ort schicken, eine Festung einnehmen oder bestimmte Feinde bekämpfen lassen. Die vergebenen Befehle werden ausgeführt, solange wir einen Charakter nicht selbst steuern. Zwischen den vier spielbaren Helden können wir jederzeit mittels Steuerkreuz hin und herwechseln und so auf bestimmte Situationen reagieren. Etwa wenn eine Nebenquest unsere Anwesenheit an einer anderen Stelle erfordert oder wenn wir auf einen Gegner treffen, der uns gegenüber im Vorteil, einem Mitstreiter gegenüber aber im Nachteil ist.
Bekanntes Waffenspiel
Damit zeichnet sich bereits das nächste Fire-Emblem-Element ab: Das Waffen-Dreieck. Wie in der Hauptreihe sind unsere Helden und die Feinde je nach Bewaffnung in verschiedene Gruppen eingeteilt. Neben Magiern und Bogenschützen gibt es Schwert-, Axt-, und Lanzen-/Speer-Kämpfer. Ähnlich wie bei Stein-Schere-Papier ist immer eine Waffenart einer anderen überlegen. So schlägt Schwert Axt während diese wiederum Lanzen/Speeren gegenüber im Vorteil ist. Schwerter hingegen haben das Nachsehen gegenüber Lanzen/Speeren. Dazu gesellen sich Sonderreglungen wie der Vorteil von Bögen gegen Flugeinheiten wie Pegasusreitern oder Waffensondereigenschaften die etwa gut gegen die starke Panzerung von Rittern wirkt, aber einen Malus auf den Angriff gegen andere Feinde mit sich bringt.
Regelmäßig finden wir während den Schlachten neue und bessere Waffen, mit denen wir unsere Helden ausrüsten können. Außerdem können wir die vorhandenen Slots mit Fähigkeiten ausstatten, die wir einer anderen Waffe entnehmen. Auf diese Weise können wir immer bessere Ausrüstungsgegenstände erschaffen, wodurch wir Vorteile im Kampf erlangen. Mit Hilfe der ebenfalls in den Schlachten erlangten Materialien können wir zudem Fibeln herstellen, die quasi als Fähigkeitenbäume für die Helden dienen. Dadurch können wir den Angriff und die Verteidigung unserer Charaktere, ihre Resistenzen oder die Häufigkeit der Heiltrank-Nutzung verbessern. Außerdem müssen wir zum Tragen höherstufiger Waffen erst die entsprechende Fibel hergestellt haben. Zusätzlich lassen sich ausrüstbare Fähigkeiten, die zusätzliche Boni gewähren, freischalten. Diese sind besonders kostspielig und erfordern deshalb genaues Planen, da es lange dauert, bis wir alle spielbaren Charaktere mit ihnen ausstatten können. Dasselbe gilt auch für das Hochstufen der Charakterklasse. Lediglich mit einem Meistersiegel ist das möglich. Diese sind überaus selten.
Ergänzende Historie
Neben dem Story-Modus, in dem wir der Geschichte von Rowan und Lianna folgen, erhalten wir ab einem bestimmten Punkt im Spiel Zugriff auf den Historischen Modus. Hier lassen sich bekannte Situationen verschiedener Fire-Emblem-Spiele wie Fire Emblem: Awakening oder Fire Emblem: Shadow Dragon nacherleben. Wer nun jedoch damit rechnet originale Schlachten aus einer anderen Perspektive spielen zu dürfen, muss enttäuscht werden. Stattdessen wählen wir auf einer an die Grafik des jeweiligen Ursprungstitels und -schlacht angelehnten Karte mehrere Gefechte aus. Diese können von ganz normalen Schlachten über Verbündetenrettung bis hin zu Zeitkämpfen verschiedene Varianten umfassen, werden allerdings in den aus der Story-Kampagne bekannten Umgebungen ausgefochten. Bedauerlich, da hier erneut etwas Potenzial verschenkt wird. Dennoch macht der Historische Modus Spaß, da die Kämpfe oft abwechslungsreicher sind, die kleinen Geschichten interessanter und der „Eine-schnelle-Runde“-Charakter stärker zum Tragen kommt. Zudem lassen sich hier neben weiteren sammelbaren Annas Andenken, die dazu dienen Artworks freizuschalten, auch zusätzliche Meistersiegel und sogar Charaktere freischalten.
Technisch bietet Fire Emblem Warriors genau das, was erwartet werden konnte. Schön gestaltete Charaktermodelle, die in ansehnlichen, aber häufig eher detailarmen Schlachfeldern mit massig Effekten mächtige Angriffe gegen tausende Feinde aneinanderreihen. Das alles läuft weitgehend flüssig und ohne Beeinträchtigung des Spielgeschehens. Allerdings ist das Spiel nicht vor matschigen Texturen und unschönen Grafikdetails gefeit. Während der actionreichen Schlachten fällt das jedoch kaum auf. Überzeugen können die schön animierten Zwischensequenzen genauso wie die durch gezeichnet-animiert dargestellten Gespräche. Die englische Synchronisation ist gelungen, wenn auch nicht perfekt. Dafür kann der mit bekannten Stücken der Reihe versehene Soundtrack mehr als überzeugen.
Geschrieben von Alexander Geisler
Fazit:
Fire Emblem Warriors ist nicht ganz so gut, wie ich es mir erhofft hatte. Das liegt jedoch weniger am Spiel selbst und viel mehr an meinen eigenen Erwartungen. Gerade mit Blick auf den geistigen Vorgänger Hyrule Warriors fällt auf, dass das Fire-Emblem-Musō-Spin-off etwas an Charme vermissen lässt. Der Grund dafür dürfte aber bereits in den jeweiligen Vorlagen zu finden sein. The Legend of Zelda ist einfach größer als Fire Emblem. Dazu kommt, dass man den Großteil der verwendeten Helden erst in den letzten Jahren durch Fire Emblem: Awakening und Fire Emblem: Fates kennengelernt hat. Ihnen fehlt der Kultstatus und Nostalgiefaktor. Zudem verlassen sich die Entwickler etwas zu stark auf die Wirkung der erfolgreichen Originaltitel und binden deshalb angepasste Situationen aus den jeweiligen Spielen mit ein. Das mag Erinnerungen wecken, wirkt manchmal aber etwas aufgesetzt. Nichts desto trotz ist Fire Emblem Warriors kein schlechtes Spiel. Die Massenschlachten machen Spaß, die Action funktioniert fehlerfrei und auch die Geschichte kann trotz einem Reihen-typischen Hang zum Pathos unterhalten. Was will man mehr? Genau, nicht viel. Deshalb können Genre-Fans genauso zugreifen wie Spieler, denen bereits Hyrule Warriors gefallen hat.