Frane: Dragons’ Odyssey – TEST

Traditionell veröffentlicht Publisher Kemco ausschließlich rundenbasierte Rollenspiele im klassischen Gewand. Mit Frane: Dragons’ Odyssey schickt uns das japanische Unternehmen in ein Echtzeit-Action-Rollenspiel und macht dabei die eigenen Mikrotransaktionen obsolet.

 


Es braucht schon ein wenig Zeit, bis die Handlung von Frane: Dragons’ Odyssey in die Gänge kommt. Grundlegend sei gesagt, dass wir in die Rolle der beiden Drachenstammmitglieder Kunah und Riel schlüpfen, die von Zeus den Auftrag erhalten, das ausgebüchste Engelmädchen Enclude von der Erde zurück ins Himmelreich Vanneth zu bringen. Auf ihrer Reise durch die von Menschen und Monstern bevölkerte Fantasy-Welt lernen sie neue Freunde wie die junge Apfelverkäuferin Floryn und Feinde wie den durchtriebenen Priester Grude kennen. Obwohl diese Persönlichkeiten durchaus die Charakterentwicklung der beiden Protagonisten vorantreiben, haben die allerwenigsten Figuren einen wirklichen Einfluss auf die eigentliche Handlung des Spiels.

Diese verkommt schon nach wenigen Minuten Spielzeit zur Nebensache, was sogar soweit geht, dass wir sie völlig verdrängen und uns stattdessen lieber auf die einzelnen Nebengeschichten konzentrieren. Rollenspieler, die eine tiefgründige Story erwarten, die mit zahlreichen Wendungen oder Überraschungen gespickt ist, werden mit Frane: Dragons’ Odyssey definitiv keinen Spaß haben. Wenigstens sind die einzelnen Geschichten, die in der Regel nur zur Personifizierung der Nebenfiguren dienen, ganz nett geschrieben. Die zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern die Handlung dennoch nur sehr unwesentlich.

Flottes Echtzeit-Kampfsystem

Obwohl das von Entwicklerstudio Exe Create stammende Rollenspiel in puncto Storytelling enttäuscht, weiß es in anderen Belangen widerum zu gefallen. Beispielsweise sticht das Kampfsystem aus der Fülle an Kemco-Rollenspielen positiv heraus. Anstatt uns ein weiteres Mal in einen überladenen Kampfbildschirm bei Feindkontakt zu schicken, lösen wir den Konflikt mit Waffengewalt nun in Echtzeit an Ort und Stelle. Dabei steuern wir allerdings nur den Krieger Kunah aktiv, Riel läuft uns hingegen stets hinterher, verhält sich passiv und entfesselt auf Knopfdruck Zaubersprüche auf die Gegner. Sämtliche Kämpfe spielen sich sehr flott und erinnern ein wenig an Nihon Falcoms Ys-Reihe, wobei Frane: Dragons’ Odyssey schnell in simples Button Mashing ausufert.

Haben wir genug Monster geplättet, dürften wir auch einen Spezialangriff ausführen und in Windeseile dutzende Feinde gleichzeitig niedermähen. Da wir stets in Bewegung sind und die Gegner, die beim Verlassen des Bildschirmausschnitts sofort wiedererweckt werden, nicht mit sonderlich viel Intelligenz gesegnet sind, ist der Schwierigkeitsgrad sehr leicht. Sicherlich könnte dies auf der einen Seite hartgesottene Spieler abschrecken, auf der anderen Seite macht Kemco so seine abermals vorhandenen Mikrotransaktionen überflüssig. Es ist wirklich nicht nötig, für fünf Euro die dreifache Menge an Erfahrungspunkten freizuschalten oder für denselben Preis den doppelten Schaden austeilen zu können.

Rollenspiel mit Macken

Weitgehend funktioniert das Kampfsystem recht gut, doch bei den Bosskämpfen hätten wir uns etwas mehr Abwechslung oder gar einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad gewünscht. Ärgerlich ist hier und da nur die Bedienung, denn es ist besonders bei mehreren Feinden in der Nähe schwierig, genau den richtigen Gegner anzuvisieren, zumal Riel ohnehin ein Monster ihrer Wahl attackiert. In allen anderen Belangen funktioniert Frane: Dragons’ Odyssey aber wie jedes andere japanische Rollenspiel, das nach traditionellen Mechaniken entworfen ist. So wählen wir über eine Oberwelt den nächsten Handlungsort aus, erfahren dort das zugrundeliegende Problem, lösen es in einem mit Monstern verseuchten Dungeon, sammeln dort Erfahrungspunkte zum Aufstufen der Spielfiguren und geben erbeutetes Geld für neue Ausrüstung in den Läden der Dörfer und Städte aus.

Optisch ist das Spiel eher zweckmäßig, da hat Kemco in der Vergangenheit schon hübschere Titel auf der Switch veröffentlicht. Am ehesten können da schon die eingeblendeten Anime-Grafiken bei Dialogen begeistern. Musikalisch reißt das Spiel keine Bäume aus und auch warum ein Track völlig zu Ende laufen muss und dann mit kurzer Pause wieder ganz von vorne anfängt, bleibt uns ein Rätsel. Alle Kemco-Fans, die ein wenig Abwechslung vom rundenbasierten Rollenspielalltag brauchen, dürfen gerne einen Blick riskieren. Alle anderen sehen sich nach besseren Alternativen um.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Meiner Meinung nach setzt Frane: Dragons’ Odyssey ein deutliches Zeichen. Kemco beziehungsweise Exe Create beweisen mit diesem Spiel, dass sie nicht nur rundenbasierte Rollenspiele entwickeln können. Zwar fühlt sich der Titel hier und da etwas hakelig an, die Story verliert sich zu sehr in Nebensächlichkeiten und auch die Technik hätten die Entwickler definitiv besser umsetzen können, doch macht das mit fünf bis zehn Stunden recht kurze Abenteuer mir trotzdem noch ein wenig Spaß. Ich hoffe sehr, dass Kemco früher oder später noch einmal auf dem Gerüst von Frane: Dragons’ Odyssey aufbauen wird. Die grundlegenden Mechaniken funktionieren und mit ein wenig mehr Fleiß kann dann auch ein mehr als nur ein durchschnittliches Rollenspiel entstehen. Wer sich für klassische Echtzeit-Rollenspiele interessiert, schlägt eher bei Secret of Mana und Konsorten zu – und wird dort wesentlich länger bei der Stange gehalten.