Ikai – TEST
Horror-Spiele aus der Egoperspektive gibt es wie Sand am Meer – auch auf der Nintendo Switch. Das besondere an Ikai ist das außergewöhnliche Setting, womit sich das Spiel ein wenig von der Masse abhebt.
Ikai zieht seinen Grusel aus der japanischen Folklore und Geisterwelt. Wir übernehmen die Rolle einer jungen Priesterin, die während der Abwesenheit ihres Onkels und Oberpriesters alleine über das altertümliche Schrein-Gelände wacht. Es kommt wie es kommen musste und die heilige Stätte wird des Nachts von einer tiefen, verfluchten Dunkelheit überzogen, gefolgt von Yokais, die sich im Tempel und dessen Umgebung einnisten.
Frustrierendes Schleichen
Das Horror-Adventure setzt dabei nicht auf die Konfrontation im Kampf wie zum Beispiel ein Project Zero im ähnlichen Setting, sondern etabliert die Yokai die längste Zeit nicht als Gegner, sondern als geskriptete Events und deren Flüche als Fallen, wie zum Beispiel als Feuerhindernisse, die umwunden werden müssen. Kommt es zu den einzelnen Konfrontationen, bleibt nur die Flucht beziehungsweise das Verstecken. Hier hat Ikai von den hunderten Horrorspielen zuvor nicht lernen wollen, denn einmal mehr stellt sich das Schleichen und Verstecken als frustrierendes und langsames Rumgeeiere da, in denen wir Spieler unser Glück in die geistesabwesende Gegner-KI legen müssen. Trial and Error ist vorprogrammiert, nachdem wir nach nur einem Kontakt mit dem Gegner wieder am letzten Checkpoint landen.
Das ist besonders schade, da Ikai von den Stealth-Momenten abgesehen durchaus stimmungsvolle Gruselmomente schaffen konnte. Seien es geisterhafte Flüsterstimmen oder verfluchte Gegenstände, die direkt unsere Aufmerksamkeit weckten. Auch die ruhigen Momente, in denen wir die Schreingebäude nach Gegenstände absuchen und dabei Schranktür nach Schranktür öffnen, gefielen uns noch am besten. Hier ist auch die Gruselstimmung angenehm. Ansonsten gibt es einige anstrengende Jump-Scares, mit denen sich Ikai Schockmomente erkauft.
Mit Pinsel gegen die Yokai
Die Rätsel selbst sind zwar Standardkost des Genres und bewegen sich auf mittlerem Niveau – ein kleines Schieberätsel hier, eine Geschicklichkeitsaufgabe da – beanspruchen aber auch kaum länger als zwei bis drei Minuten unsere Zeit. Auf der Nintendo Switch sind allerdings die meisten Rätsel Geschicklichkeitsaufgaben, da die Bewegung des Cursors eindeutig auf eine Maussteuerung ausgelegt wurde. Zum Beispiel müssen wir Talismane zur Schutzwirkung mit einem japanischen Symbol bemalen. Hier stellten wir uns als Priesterin mit dem Analogstick eher an wie ein Grundschulkind mit Malkasten.
Alles andere als sauber ist auch die Performance. Das Schreingelände mit seinem realistischen Stil sieht teilweise echt schick aus und bietet einige nette Details in der Inneneinrichtung, dafür müssen wir aber auch mit der schwammigen Weitsicht und nachladenden Texturen leben. Zumindest der Verzicht auf HUD-Elemente sorgt für Immersion.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Ikai fand ich immer dann am besten, wenn ich das kleine Tempelareal und die Umgebung nach den Lösungen der Rätsel erkunden durfte. Leider schieben sich dann für mein Verständnis zu sehr die ätzenden Stealth-Abschnitte und nervigen Trial-und-Error-Gegner in den Vordergrund, die zwar den Puls in die Höhe treiben, aber aus einem falschen Grund. Wirklich erschrocken habe ich mich nur durch die Jump-Scares, auf die ich liebend gerne verzichten kann.