Langrisser I & II – TEST

Während Langrisser 1991 immerhin noch seinen Weg nach Nordamerika fand, schauten europäische Spieler auch beim zweiten Teil aus dem Jahr 1994 in die Röhre. Mit dem Doppelpack Langrisser I & II hat das Warten auf die beiden Strategie-Rollenspielklassiker ein Ende.


Strategie-Rollenspiele aus Japan hatten außerhalb des Landes in den 1990er-Jahren einen schweren Stand. Spiele wie Bahamut Lagoon oder die gesamte Fire-Emblem-Reihe wollten die Publisher einem nicht-japanischen Publikum kaum bis gar nicht zugänglich machen. Mit Shining Force und Co gab es zwar die eine oder andere Ausnahme, doch konzentrierte sich das Genre in Nordamerika und Europa auf militärische Spiele, die meistens ohne auch nur ein einziges Fantasy-Element ausgekommen sind. Spätestens seit Fire Emblem: Awakening aus dem Jahr 2012 sind Strategie-Rollenspiele aus der Videospielindustrie gar nicht mehr wegzudenken.

So ist es kein Wunder, das vermehrt Genre-Ableger aus Japan ihren Weg in nordamerikanische und europäische Gefilde finden. Bei Langrisser I & II handelt es sich, wie eingangs erwähnt, grundsätzlich um zwei – zum Veröffentlichungszeitpunkt der Collection – fast dreißig Jahre alten Spiele. Diese wurden jedoch grafisch stark aufgewertet und ihre Bedienbarkeit verbessert. Vorweg lässt sich sagen, dass den Entwicklern das Kunststück einigermaßen gelungen ist. Lediglich im Detail gibt es ein paar Unzulänglichkeiten zu bemängeln, die aber nicht jedem Spieler negativ ins Gesicht springen dürften. Zunächst wäre da die Story zu nennen, die zuweilen spannend ist, aber weitestgehend mit altbekannten Motiven aufwartet.

Mehrere Handlungsfäden zum Finale

In Langrisser schlüpfen wir beispielsweise in die Haut von Prinz und Thronfolger Ledin, der während eines Angriffs aus seiner Heimat Baldea fliehen muss. Mit neuen Verbündeten im Schlepptau kehren wir später zurück, um das Königreich zurückzuerobern und die dafür verantwortlichen bösen Kräfte zur Rechenschaft zu ziehen. Im zweiten Serienteil, der wenig kreativ auf den Namen Langrisser II hört, übernehmen wir hingegen die Rolle von Elwin, der sich gegen ein ganzes Imperium auflehnt. Eingewebt in dieses Konstrukt sind überaus stereotypische Charaktere, sowohl in ihrem Auftreten als auch in ihrem Wesen.

Wirklich schlimm ist das aber nicht, denn neben teils austauschbaren Figuren und bekannten Erzählmustern öffnet sich in beiden Langrisser-Episoden an bestimmten Stellen die Geschichte, sodass wir verschiedenen Handlungsfäden folgen können. Dank mehrerer Routen durchs Spiel erhöht sich der Wiederspielwert enorm. Wer im Übrigen im Verlauf des Abenteuers merkt, dass er mit einer Entscheidung nicht vollends zufrieden ist oder erkennt, dass es ihm an Erfahrung für die Kämpfe mangelt, kann einfach zu einem früheren Zeitpunkt in der Story zurückspringen und sich anders entscheiden. Erlangte Erfahrungspunkte und erbeutetes Gold bleiben dabei zwar gespeichert, doch wird der Handlungsfortschritt in diesem Fall unwiderruflich zurückgesetzt.

Seite an Seite mit den Kommandanten

Langrisser I & II sind des Weiteren, genau wie die älteren Episoden der Fire-Emblem-Serie, in aufeinanderfolgende Kapitel eingeteilt. Das heißt, dass eine Schlacht auf die nächste folgt und die Dialoge zwischen den Charakteren weitestgehend auf dem Schlachtfeld stattfinden. Es ist zwischen den Schlachten allerdings möglich, den Laden aufzusuchen und sich dort mit neuen Waffen und Rüstungen einzudecken, um die Attribute der Helden zu erhöhen. Im Gegensatz zu Fire Emblem und Konsorten kämpfen unsere Recken aber nicht alleine. Es handelt sich bei ihnen um Kommandanten, denen wir vor Kampfbeginn ein paar Söldner an die Seite stellen dürfen. Diese kosten zwar mehr oder weniger eine ganze Stange Geld, sammeln aber für ihren Kommandanten Erfahrungspunkte.

So fühlen sich die Auseinandersetzungen in den beiden Langrisser-Episoden schon in den ersten Kapiteln sehr umfangreich an, zumal wir auf Wunsch jeden Söldner manuell befehligen können. Das sollten wir im Übrigen auch tun, denn wenn wir ihnen keine Befehle erteilen, bevollmächtigen wir sie für den Rest der Runde, was nicht immer in unserem Interesse liegen dürfte. Nach kurzer Einarbeitungszeit – Tutorials gibt es fast gar nicht – haben wir uns ans Konzept gewöhnt. Bedauerlich ist lediglich, dass allen den Kommandanten zugeordneten Söldnern einem gemeinsamen Typus angehören müssen.

Abwechslungsreiche Schlachten

Alle Söldnertypen sind des Weiteren unterschiedlich stark und haben teilweise auch Vorteile. Welche Typen den jeweiligen Kommandanten zur Verfügung stehen, hängt im Übrigen von deren Klasse ab. Im Verlauf des Abenteuers erhalten wir für das Bekämpfen von Gegnern und durch Level-Aufstiege Kommandopunkte. Haben wir genügend gesammelt, können wir einen Klassenwechsel durchführen. Dabei sollten wir beachten, dass stärkere Söldner auch deutlich mehr ins Geld gehen. Das Ressourcenmanagement ist aber weitestgehend fair. Nur selten müssen wir eine bereits gespielte Schlacht noch einmal angehen, um ein paar Münzen zu verdienen.

Auf den Schlachtfeldern von Langrisser I & II geht es in der Regel darum, alle Gegner zu besiegen, die Flucht eines Feindes zu verhindern, selbst aus dem Geschehen zu entkommen oder eine bestimmte Rundenzahl zu überleben. Gekämpft wird in genretypischen Schlössern und Dörfern, auf Feldern oder in der Nähe von Wäldern und Ruinen. Das ist hier und da durchaus abwechslungsreich – und da häufig auch noch Schätze auf dem Schlachtfeld auf sich aufmerksam machen, lädt die Umgebung zusätzlich zum Erkunden ein, was eng mit den Söldnertypen zusammenhängt. Wollen wir Bodentruppen über Flüsse manövrieren, so dauert das ein paar Runden, während Flugeinheiten einfach über das Wasser fliegen können.

Zwischen Vergangenheit und Moderne

Auch wenn es manchmal brenzlig werden kann, ist der Schwierigkeitsgrad von Langrisser I & II nicht zu hoch. In puncto Bedienung könnten die Titel aber mehr bieten. Es ist zum Beispiel nicht möglich, mehrere Figuren zu selektieren und ihre gemeinsame Angriffsreichweite einzusehen. Ärgerlich ist auch, dass erlernbare Fähigkeiten beim Klassenwechsel zwar aufgelistet, doch nicht erklärt werden. Das ist erst nach dem Wechsel möglich. Derlei Kinderkrankheiten sollten der Vergangenheit angehören. Nostalgiker werden sich am wechselbaren Grafikstil freuen. So lassen sich alle Umgebungsgrafiken im 16-Bit-Grafikstil oder im aufpolierten Design anzeigen. Selbiges gilt für die Charakterporträts, bei denen wir entscheiden können, ob wir sie im Anime-Stil der frühen 1990er-Jahre oder im frischen Look dargestellt bekommen wollen.

So gut uns das Feature gefällt, passen die eigentlichen Charaktermodelle im Chibi-Look nicht zum Rest des erwachsenen Stils. Hier waren die Entwickler inkonsistent, was zu einer negativen Wahrnehmung führt. Immerhin dürfen wir jederzeit auch zwischen dem Retro-Soundtrack und der überarbeiteten Musik wechseln, die für die Ohren ein wahrer Genuss ist. Langrisser I & II macht zwar bei Weitem nicht alles richtig, ist aber vor allem für jene Hobby-Strategen eine passende Alternative, die von Umfang und Komplexität von Fire Emblem: Three Houses, der aktuellen Genre-Referenz auf der Switch, erschlagen werden.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Langrisser I & II sind zwei alte Vertreter des Genres, die für ihr Comeback ordentlich aufgewertet wurden. In puncto Gameplay orientieren sich die Remakes stark am Original. Wer diese gespielt hat, wird sich sofort heimisch fühlen. Alle anderen müssen sich aufgrund der nicht vorhandenen Tutorials auf eine kurze Einarbeitungszeit einstellen, um die beiden Handlungen, die nach bekannten Erzählmustern und mit stereotypischen Charakteren erzählt werden, zu genießen. Genau dann machen die Spiele meiner Meinung nach aber schon die nächsten Fehler, da es hier und da an Komfortfunktionen wie mehrfachem Selektieren oder gar unzureichenden Informationen beim Erlernen von Fähigkeiten fehlt. Was mich aber die ganze Zeit über stört, ist der alberne Chibi-Look der Charaktermodelle. Das hält mich zwar nicht davon ab, Spaß mit Langrisser I & II zu haben, doch untergraben diese kindlichen Modelle die erwachsenen Charakterporträts. Warum diese im 16-Bit-Design zudem nicht gepixelt werden, ist fraglich. Auch wenn bei der Entwicklung der Remakes nicht alles richtig gemacht wurde, sind sie für mich dennoch eine angenehme Abwechslung zum übergroßen Fire Emblem: Three Houses, mit dem ich ja auch so meine Probleme habe.