Outlast 2 – TEST

Vier Jahre nach dem Horror-Erfolgshit Outlast erschien mit Outlast 2 eine Fortsetzung, die sich eindeutig weiterentwickelt hat. Das allerdings nur oberflächlich.


In der Rolle von Kameramann Blake Langermann begleiten wir Journalistin und Ehefrau Lynn ins tiefste Arizona, um einen Mord zu untersuchen. Es kommt wie es kommen musste, nach einem Helikopter-Absturz finden wir uns plötzlich alleine im nächtlichen Hinterland wieder, auf der Suche nach unserer schwangeren Frau. Diese ist inzwischen in die Fänge eines ansässigen religiösen Kults geraten. Kruzifix-Fanatiker mit Fable für Symbolik, die ihre Häuser und Umgebung mit massig Kreuzen vollpflastern und mit denen auch sonst nicht gut Kirschen essen ist. Zum Glück hat Blakes Camcorder den Absturz heil überstanden, dessen Funktionen ihn bei der Suche nach seiner Frau unterstützen werden.

So irren wir durch die heruntergekommenen Abschnitte voller gefährlicher Kreaturen, denen wir besser nicht zu nahe kommen wollen. Wie schon im ersten Teil vertraut Outlast 2 auf Schleichen und Verstecken, denn wir sind kein waffenschwingender Held, der die Gegner mit Gewalt in die Knie zwingen kann. Entdeckt uns ein Gegner können wir entweder fliehen oder die Umgebung nach sinnvollen Verstecken absuchen. Geht dies schief, bleibt uns nur noch die Freude an den herb inszenierten Todesdarstellungen. Schönerweise gibt es fünf Schwierigkeitsgrade, wer also so wenig Gegner-Kontakt und Trail-and-Error-Abschnitte wie möglich haben will, spielt das Spiel am besten auf dem leichtesten mit dem passenden Namen Story-Modus.

Gepriesen sei der Camcorder

Das Spiel bleibt dabei trotz abwechslungsreicher und breiter gestreckten Areale genauso linear wie sein Vorgänger, durch geschicktes Level-Design wird diese Tatsache kaschiert und wir haben eher das Gefühl, tatsächlich in etwas offeneren Gebieten unterwegs zu sein. Hervorragend gelungen ist die verstärkte Einbindung des Camcorders, der inzwischen fest zur Outlast-Marke gehört. Auf dem Bildschirm der digitalen Kamera können wir gefundene Dokumente und Videoclips abspielen lassen. Dazu hilft uns neben dem extrem wichtigen Nachtsicht-Modus auch das Mikrofon des Geräts bei der Ortung von Feinden, die wir anschließend gezielt umgehen können. Items wie Batterien und Verbände verwahren wir in unserer Jackentasche, in die wir per Knopfdruck hineinschauen. Diese stilsichere Präsentation trägt maßgeblich zur Immersion bei, die dazu auch nicht Gefahr läuft durch Menüs und Inventar-Boxen gebrochen zu werden.

In den ersten Spielstunden hat uns das bekannte Spielkonzept vor allem aufgrund seiner Immersion und dem tollen Pacing sehr angesprochen, danach verfällt das Spiel allerdings in den gewohnten Horror-Trott, den wir auch schon aus dem ersten Teil kennen. Diese Spielabschnitte haben bestimmt ihre Fans, allerdings legt Outlast 2 einen noch größeren Fokus auf Versteck- und Flucht-Spielchen mit den Gegnern. Mit einer neuen Duck- und Liege-Funktion sowie dem neuen Mikrofon im Gepäck werden uns damit auch die passenden Funktionen in die Hände gedrückt. Diese Stealth-Mechaniken funktionieren gut, tragen aber nicht über die knapp doppelt so lange Spielzeit von Outlast 2 hinweg. Zwar gibt es jetzt auch Verbände zum Heilen – also ein Energie-System im Hintergrund – aber bis auf kleinere Schieberätzel bleibt der Gameplay-Anteil sehr flach.

Auf technischer Seite hat sich dagegen in den letzten Jahren einiges getan und das erkennen wir auch an der Switch-Version. Auch auf der Nintendo-Konsole sieht Outlast 2 dank den unheimlich gestalteten Level und nicht zuletzt toller Licht- und Spiegeleffekte fantastisch aus und vermittelt die ideale Horror-Grundstimmung. Trotz der überwiegenden Dunkelheit arbeitet das Spiel mit einer breiten Farbpalette und mehr Abwechslung innerhalb seiner Gebiete, immerhin sind wir nicht mehr nur in einem einzigen Gebäudekomplex unterwegs. Im Umgebungs-Design greifen die Entwickler von Red Barrels zwar auf viele Horror-Klischees zurück – seien es unheilvolle Gestalten im Nebel oder die von Geisterhand bewegten Spielgeräte auf einem Spielplatz – diese erzielen aber den gewollten Grusel-Effekt. Wer schon an Outlast seine Freude hatte, wird mit dem Nachfolger eine konsequente Fortsetzung ohne maßgebliche neue Einflüsse präsentiert bekommen.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

Anfangs dachte ich, dass ich nach Outlast erst einmal genug von Horror-Spielen dieser Art hatte, trotzdem fesselten mich die ersten Spielstunden konsequent. Auch von der stringenten Erzählung und vor allem der visuellen Pracht des Titels war ich angetan. Leider wissen die Entwickler – zumindest für mich – damit spielerisch nicht wirklich viel anzufangen. Zwar gibt es einige neue Features wie das Mikrofon und mehr Bewegungs-Optionen, im Grunde befinden wir uns trotzdem nur am Flüchten durch die linearen Abschnitte. Da wandelte sich früher oder später bei mir ein Zähneklappern in ein Gähnen. Hier ruht sich für mich der zweite Teil etwas zu sehr auf dem Fundament des Vorgängers aus, auch wenn Outlast 2 in jedem Punkt besser ist. Das werden besonders Fans dieser Gameplay-armen Horror-Erfahrungen merken, denen können wir den Titel nur wärmstens empfehlen.