Paper Mario: The Origami King – TEST

Seit dem Jahr 2000 schicken Publisher Nintendo und Entwickler Intelligent Systems das schnauzbärtige Allround-Talent Super Mario regelmäßig in neue Abenteuer – in Papierform. Dieses Mal muss sich Mario mit jeder Menge ärgerlicher Origami-Figuren herumschlagen.


Zu Beginn des Rollenspiels Paper Mario: The Origami King steht das ominöse Origami-Fest im Pilz-Königreich kurz bevor. Klempner Mario und sein Bruder Luigi schnappen sich ihr Kart und machen sich auf zum Pilz-Palast. Beim Durchqueren von Toad Town müssen die Brüder mit Erschrecken feststellen, dass sämtliche Bewohner verschwunden sind. Auch im Schloss ist weit und breit nichts vom Trubel zu sehen. Plötzlich taucht Prinzessin Peach auf. Die Adlige scheint ihre zweidimensionale Papierform zugunsten eines leicht dreidimensionalen Origami-Outfits abgelegt zu haben. Dass da etwas nicht stimmen kann, wird sowohl Mario als auch uns klar.

Wenig später erfahren wir auch den Grund für ihre Verwandlung: Der bösartige Olly hat sich im Pilz-Palast eingenistet, Bowsers Anhänger für seine üblen Machenschaften instrumentalisiert, die Toads in alle Himmelsrichtungen verstreut und Peach „origamisiert“. Um sein Vorhaben umzusetzen, sich zum titelgebenden Origami-König ernennen, ist ihm jedes Mittel recht. Er verfrachtet das Schloss kurzerhand auf einen Vulkan und sichert den Zugriff mit fünf überproportional großen Luftschlangen. Unsere Aufgabe besteht darin, mit Mario die Verankerungen der Luftschlangen zu lösen und Ollys Handlangern das Handwerk zu legen. Unterstützung erhalten wir dabei von Olivia, Ollys klitzekleiner Schwester.

Repetitive Weltrettung

In The Origami King ziehen wir mit Mario und der hilfsbereiten Begleiterin Olivia von einem Ort zum nächsten. Unter anderem durchforsten wir einen Wald, erklimmen einen Berg, sind mit einem Boot auf dem Meer unterwegs oder durchkämmen eine Wüste. Die Struktur bleibt in jedem Areal nahezu gleich. Zunächst machen wir uns mit der Umgebung vertraut, decken die Hintergründe auf und machen einen Zwischenstopp in einem kleineren Dungeon. In jenen Tempeln machen wir Bekanntschaft mit den so genannten Pergamentons, durch die Olivia neue, aber nur an vordefinierten Orten einsetzbare Spezialfähigkeiten erlernt.

Danach geht es auch schon in den wichtigen und abschließenden Dungeon des jeweiligen Spielabschnitts, in dem wir uns mit Ollys Vasallen im Kampf messen. Hier und da müssen wir kleinere Rätsel lösen, die aber niemals Kopfzerbrechen bereiten. Im Vorbeilaufen sammeln wir zudem Toads ein, die wir gegebenenfalls erst aus ihrer Origami-Form falten. Grundlose Löcher stopfen wir hingegen mit Papierschnipseln, die wir vorher von Bäumen schütteln oder durch besiegte Gegner erhalten. Großartige Abwechslung wird in puncto Gameplay nicht geboten. So schön gestaltet die Umgebungen auch sind, das volle Potenzial wie beispielsweise in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor aus dem Jahr 2004, kann The Origami King aber nicht entfalten.

Schieben und Drehen im Puzzle-Kampfsystem

The Origami King ist deutlich linearer als vorherige Ableger der Videospielreihe. Wir können zwar über Warp-Röhren zu bereits besuchten Orten zurückkehren und auch Backtracking ist selten gefordert, doch macht das die zusammenhängende Spielwelt fast schon obsolet. Nur wenn wir verpasste Geheimnisse aufdecken respektive sämtliche Collectibles einsammeln wollen, ist die Rückkehr zu bekannten Orten wirklich gefordert. Unterwegs stellen sich uns auch häufig dieselben Gegnertypen in den Weg, was das Spektakel durchaus etwas mindert. Das rundenbasierte Kampfsystem von The Origami King läuft jedoch nicht nach Schema F ab.

So ist der Boden des Kampfbildschirms wie eine Dartscheibe in mehrere Sektionen geteilt, auf denen sich die Gegner befinden. Unsere Aufgabe ist, die Feinde so anzuordnen, dass vier Individuen hintereinander stehen oder eine quadratische Blockform bilden, damit wir sie mit einem Sprung- oder Hammerangriff attackieren können. Um dieses Ziel zu erreichen, steht uns zu Beginn einer Runde eine bestimmte Zuganzahl bereit, um die Felder der Scheibe unter Zeitdruck zu drehen oder zu verschieben. Gelingt uns die Lösung des Puzzles, erhalten wir einen Bonus auf unseren Angriffswert. Hier schwankt der Schwierigkeitsgrad jedoch enorm, denn manchmal ist die Lösung sofort ersichtlich und manchmal partout nicht durchschaubar.

Kreative Bosskämpfe

Wer fleißig Toads sammelt, kann sich in den Kämpfen über deren Unterstützung freuen. Um den Gegnern beispielsweise ein wenig Schaden zuzufügen, werfen wir ein paar Goldmünzen auf die Bühne und schon geht das Tohuwabohu auf dem Bildschirm los. Intelligent Systems ist diese Verzahnung des Gameplays gut gelungen. Auch die Gestaltung der Bosskämpfe weiß zu überzeugen, denn hier steht nicht Mario, sondern der Bossgegner im Mittelpunkt der Scheibe. Auf den einzelnen Feldern sind zudem Pfeile und Aktionsfelder eingezeichnet, an denen wir Angriffe und Spezialattacken auslösen können. Mit den Pfeilen erinnert der Kampf ein wenig an die Levels des Klassikers ChuChu Rocket! für die Sega Dreamcast, erreicht in The Origami King aber eine ungeahnte Tiefe.

Schade ist hierbei lediglich, dass es in fast allen Bosskämpfen nur genau eine (!) Taktik gibt, um Ollys Vasallen zu besiegen. Hier verschenkt das Spiel unnötig Potenzial. Ein wenig entschädigt dafür aber wiederum das Design der Bossgegner, denn hier kämpfen wir beispielsweise gegen einen riesigen Locher, der mit seiner speziellen Technik Marios maximale Kraftpunkte verringert. An einem anderen Ort müssen wir wiederum gegen eine Ansammlung von Gummibändern antreten, die uns um die Ohren fliegen beziehungsweise an die Ohren flitschen. Das ist spaßig und vor allem recht kreativ!

Light-Version einer einstigen Rollenspielreihe

Optisch verblüfft das Spiel mit seinen farbenfrohen Umgebungen und interessanten Ideen, die die Kunst des Papierfaltens in The Origami King zum Leben erwecken. Musikalisch gibt es ein paar schöne Stücke auf die Ohren. Herausstechend ist hierbei vor allem die Kampfmusik, die sich der Umgebung anpasst. Bis auf ein paar Instant-Game-Over-Stellen ist The Origami King auch in puncto Gamedesign gelungen. Ein echtes Rollenspiel im Stile der ersten beiden Ableger der Paper-Mario-Serie ist der Titel – wie wir nach den diskussionswürdigen letzten Ablegern der Reihe schon im Vorfeld erwartet hatten – aber nicht geworden. Beispielsweise erhalten wir keine Erfahrungspunkte nach einem Sieg im Kampf.

Hier hagelt es einzig und allein Goldmünzen, die wir für eine überschaubare Anzahl an Items oder Zubehör ausgeben können, um gewappnet für die Kämpfe zu sein. Hin und wieder finden wir jedoch Objekte, die sowohl unsere Kraftpunkte als auch unsere Stärke erhöhen. Hier verlagert The Origami King einzelne Elemente so geschickt, dass das eigentliche Genre kaschiert wird. Zusammen mit den sehr humorvoll geschriebenen Dialogen, durch die die einzelnen Figuren noch mehr zusammenschweißen, erreicht die für ein Rollenspiel überaus wichtige Charakterentwicklung zumindest die nötige Tiefe, die uns mindestens dreißig Stunden lang an die Switch zieht.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Paper Mario: The Origami King ist ein Rollenspiel, das die fürs Genre wichtigen Elemente aufs Nötigste reduziert und zum Teil anders verlagert. Fans der ersten Stunde, die der einstigen Rollenspielreihe immer noch hinterhertrauern, kommen auch dieses Mal nicht auf ihre Kosten. Sollten diese aber über ihren eigenen Schatten springen, kann sich durchaus ein spaßiges Abenteuer entwickeln. Der Titel erzählt eine kinderfreundliche und an mancher Stelle dennoch tiefgründige Geschichte. Sowohl der typische Humor der Serie als auch die kultverdächtige Papiergestaltung der Umgebungsgrafiken unterstützen die Präsentation des Spiels enorm. Mir gefällt vor allem das Puzzle-Kampfsystem, auch wenn der Zeitdruck besonders bei den kniffligen Rätseln stört. Hinzu kommt, dass sich die Kampfmelodie je nach Areal leicht verändert und die Atmosphäre einmal mehr vertieft. Auch wenn es, vor allem im letzten Drittel des Spiels, ein paar Stellen gibt, die sofort zum Game-Over-Bildschirm führen können, sehe ich über diese Schnitzer im Gamedesign hinweg. Überwiegend ist das Spiel fair und kann mindestens zwanzig Stunden lang unterhalten. Wer alle Collectibles sammeln will, kann gut und gerne fünf Stunden zusätzlichen Spiel- und Sammelspaß draufrechnen.