Pillars of Eternity: Complete Edition – TEST

Mit Pillars of Eternity hat Entwickler Obsidian Entertainment eine im Jahr 2012 bis dahin ungeahnt erfolgreiche Kickstarter-Kampagne geführt, um das heiß erwartete Rollenspiel ins Leben zu rufen. Vier Jahre nach dem ersten Release erschien es im August 2019 auch für Nintendo Switch, und macht auch dort inzwischen wieder eine gute Figur.


Zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung auf der Switch gab es mit Pillars of Eternity einige Schwierigkeiten, die manche Spieler im späteren Spielverlauf in Situationen brachten, die ein Weiterspielen aufgrund von ständigen Abstürzen unmöglich machten. Im Februar 2020, ein halbes Jahr später, wurde ein Patch veröffentlicht, der nicht nur dieses Problem behoben hat, sondern auch diverse andere gleich mit. Dem ungetrübten Spielspaß steht nun also nichts mehr im Wege.


Entstanden ist Pillars of Eternity, weil es Spiele wie Baldurs Gate 1 & 2, Icewind Dale und Planescape Torment schon eine Weile nicht mehr gab, die Entwickler hierfür aber ein Publikum vermuteten. Die 4 Millionen US-Dollar, die die Crowdfunding-Kampagne einbrachte, zeigten, dass diese Annahme korrekt war. Bis zur Erstveröffentlichung im März 2015 dauerte es aber weitere zweieinhalb Jahre.

Grundlagen beibehalten

Ganz wie seine gedanklichen Vorbilder ist Pillars of Eternity ein Rollenspiel in isometrischer Perspektive, das in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt namens Eora spielt. Wir beginnen mit dem Auswählen eines Spielcharakters, hierbei stehen uns die üblichen Fantasy-Rollen und -Völker zur Verfügung. Mit sechs Attributen und fünf Fähigkeiten können wir unsere Spielfigur weiter definieren. Das Abenteuer bestreiten wir gemeinsam mit einer später bis zu sechs Personen großen Gruppe mit unserem erstellten Charakter.

Was das Gameplay angeht, gibt es hier keine großen Überraschungen. Wer eines der Spiele der alten Garde gespielt hat, findet sich schnell zurecht. Pillars of Eternity ist in seiner Geschichte düsterer als etwa Baldurs Gate, aber auch storylastiger und weniger physikbetont in den Kämpfen als etwa Divinity: Original Sin 2 (Link). Wir laufen mit unseren Charakteren durch isometrische Landschaften, Städte, Höhlen. Dort treffen wir auf Gegenstände, freundliche und feindliche andere Wesen. Mit den freundlichen können wir meist reden, mit den feindlichen müssen wir kämpfen. Das funktioniert rundenbasiert und geht über die verschiedenen Menüs leicht von der Hand. Wir wechseln zwischen unseren Charakteren, wählen Zaubersprüche und Waffen aus und geben den Bösewichten saures.

Seele hin – Seele her

Viel der Geschichte von Pillars of Eternity basiert auf der Annahme, dass alle Lebewesen Seelen haben, die das gesamte Universum ausmachen. Problematisch in der Welt sind die sogenannten Hohlgeborenen, die ohne Seele geboren werden und von Beseelern erst mit einer solchen versehen werden müssen. Leider gelten die Beseeler als Scharlatane und sie werden verfolgt und umgebracht, was der Sache nicht förderlich ist.

Mit der Wiedergeburt tauchen Seelen in anderen Lebewesen auf, die davon meist nichts mitbekommen. In manchen Fällen gibt es jedoch eine sogenannte Erweckung, in der der beseelte Charakter plötzlich Einsicht in die bisherigen Wirte seiner Seele hat und damit auch mit Verstorbenen reden kann. Ein solches Erlebnis hat auch unsere Hauptfigur und das ist erst der Anfang der tiefgreifenden Geschichte.

Atmosphäre und Darstellung

Optisch macht Pillars of Eternity eine durchwachsene Figur. Die vorgerenderten Hintergründe sind ihren Vorbildern nach nicht sehr hässlich, aber auch nicht besonders beeindruckend. Durch die Technik der festen Bilder wirkt das Spiel ebenfalls technisch etwas aus der Mode geraten, da helfen beispielsweise auch die animierten Gewässer wenig. Das wird allerdings durch die guten Beschreibungen der Umgebung und spezifischer Begebenheiten wieder wettgemacht.

Bei der guten Sprachausgabe gibt es leider das Phänomen, dass die Erklärungstexte nicht vertont sind, so dass wir beim Lesen davon und gleichzeitigen Hören des erst später im Textfeld stehenden Dialogs leicht verwirrt sind. Hier gilt wie für das gesamte Spiel: Nur wer viel lesen mag, findet daran Freude, wird aber auch mit einer spannenden Geschichte belohnt. Diese stellt einige spannende moralische Fragen, die sich gar nicht so leicht beantworten lassen und unsere Entscheidungen sorgen dabei für teils weitreichende Auswirkungen.

Besonderheiten von Pillars of Eternity

Pillars of Eternity hat zwar viel von seinen Vorbildern übernommen, mit seiner ganz eigenen Geschichte aber schon ein ausreichendes Alleinstellungsmerkmal. Dennoch legt es noch eine Schippe drauf und bietet beispielsweise ein Tagebuch, das sich erweitert, je mehr wir spielen, ein gemeinsames Inventar für alle Gruppenmitglieder oder Zeit-Anpassungen, um Kämpfe langsamer und Reisen schneller zu machen.

Insgesamt ist Pillars of Eternity auch im Jahr 2020 noch sehr spielenswert. Gerade der neueste Patch, der die problematischen Hardware-Beschränkungen der Switch geschickt umgeht, zeigt den Enthusiasmus von Obsidian Entertainment, auch auf der Switch das bestmögliche Spieleerlebnis mit Pillars of Eternity zu bieten.

Geschrieben von Arne Ruddat

Fazit:

Während mich die isometrische Darstellung nicht hinter dem Ofen hervorholt, tut es die Geschichte von Pillars of Eternity aber doch. Auch wer grundsätzlich nicht an die Seele glaubt, sollte sich in der Welt von Eora zurechtfinden, denn dort ist sie grundlegend für die Erfahrung von allen Bewohnern. Wer schon immer mit den alten BioWare-Spielen geliebäugelt hat, aber einen leichteren Einstieg vermisst, findet vielleicht mit Pillars of Eternity das Spiel seiner Träume.