Pokémon: Goldene & Silberne Edition – TEST
In Japan nahm 1996 ein Phänomen seinen Lauf, das 1999 in die nächste Runde ging. Die Rede ist von den Pokémon, deren Artenvielfalt sich innerhalb von drei Jahren um zwei Drittel erhöht hat. 2017 erschienen zwei der besten Game-Boy-Color-Spiele für die Virtual Console.
Die Rede ist von Pokémon: Goldene & Silberne Edition. Beide Spiele bleiben dem Seriendebüt zwar treu, beinhalten aber viele sinnvolle Neuerungen. Waren wir zuvor noch in der Kantō-Region unterwegs, verlagert sich das Geschehen in den vorliegenden Editionen in die benachbarte Jōto-Region. Abermals schlüpfen wir in die Rolle eines nicht näher definierten Charakters, der wie schon sein Vorgänger Pokémon-Meister werden will. Um das zu schaffen, müssen wir mit ihm in den acht Arenen der Region gegen deren Leiter gewinnen und Orden sammeln. Mit den achten Orden im Gepäck können wir schließlich in der Pokémon-Liga kämpfen.
Bis dahin ist es jedoch ein steiniger Weg, denn es wollen noch weitere Gefahren gebannt werden. Dazu zählt beispielsweise die Bekämpfung des Team Rockets, dessen Überreste nach seiner eigentlichen Zerschlagung im vorherigen Serienableger immer noch bösartige Ziele verfolgen. Wer noch nie einen Teil der Reihe gespielt hat, der wird sich jetzt sicherlich fragen, was Pokémon überhaupt sind – dabei handelt es sich um Monster, die im Kampf gefangen, anschließend trainiert und in Kämpfen aufeinander losgelassen werden können. Ein Team besteht aus sechs Pokémon und da es insgesamt 251 Kreaturen in den vorliegenden Editionen gibt, ist die Kämpferriege entsprechend umfangreich und durch die Artenvielfalt, aufgeteilt in Typen verschiedener Elemente und Kategorien, sehr abwechslungsreich.
Von Typen und ihren Attacken
Taktik und Strategie nimmt in beiden Spielen einen wertvollen Platz ein. So können Pokémon des Typs Feuer beispielsweise Pflanzen-Pokémon pulverisieren, die wiederum effektiv gegen Wasser-Pokémon sind. Das Element Wasser ist hingegen ein Garant, um Feuer zu löschen – oder Gestein- und Boden-Pokémon zu schwächen. Während es zuvor nur 15 unterschiedliche Typen gab, wurden in der zweiten Generation der Pokémon-Spiele noch die Typen Unlicht und Stahl eingeführt. Ersterer ist effektiv gegen die zuvor übervorteilten Psycho-Pokémon und letzterer muss sich vor Psycho-Attacken ebenfalls nicht fürchten. Entwicklerstudio Game Freak hat gut an der Balance geschraubt und die Möglichkeit zu neuen Team-Kombinationen eröffnet.
Sämtliche Kämpfe laufen rundenbasiert ab und jedes Mal, wenn wir ein Monster besiegen, erhalten all unsere Pokémon, die am Kampf beteiligt waren, Erfahrungspunkte, mit denen sie im Level aufsteigen, sich in eine höhere Entwicklungsstufe verwandeln und neue Attacken lernen. Da alle Pokémon maximal vier Attacken gleichzeitig beherrschen können, müssen wir ebenfalls abwägen, auf welche Angriffsmöglichkeiten wir verzichten können. Ein paar Fähigkeiten können wir auch außerhalb des Kampfes beim Erkunden der Spielwelt einsetzen, um beispielsweise Felsen aus dem Weg zu räumen oder das Meer zu überqueren.
Ein Meisterwerk seiner Zeit
Eine weitere wichtige Neuerung ist der Tageszeitenwechsel. Das heißt, dass wir zu unterschiedlichen Uhrzeiten an verschiedenen Stellen andere Pokémon fangen können. So werden wir stets dazu motiviert, zu einer anderen Uhrzeit zu einer bekannten Stelle zurückzukehren. Gefangene Pokémon können nicht nur via Link-Kabel beim Game Boy Color und über eine drahtlose Verbindung auf dem 3DS mit anderen Spielern getauscht werden, sondern außerdem in der Pension abgegeben werden. Dort pflanzen sie sich möglicherweise fort. Ebenso interessant ist die Fähigkeit, Pokémon mit Items auszustatten. Trägt ein Pokémon beispielsweise eine Beere, heilt es sich im Kampf automatisch, wenn seine Wunden zu groß sind.
Die wichtigste Neuerung dürfte aber wohl die Spielweltgröße sein, denn obwohl wir überwiegend in der Region Jōto unterwegs sind, dürfen wir nach dem Abschließen des dortigen Handlungsstrangs auch nach Kantō reisen, um noch einmal in acht Arenen zu kämpfen. Auch wenn Kantō nicht ganz so aufwendig wie Jōto gestaltet ist, gehören die beiden Editionen dennoch zu den größten Game-Boy-Color-Abenteuern und vor allem zu den besten Rollenspielen auf Nintendos Handheld. Optisch, akustisch und inhaltlich sind die beiden Editionen wirklich beeindruckend – höchstens Pokémon: Kristall-Edition kann ihnen da noch das Wasser reichen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Mit der roten und blauen Edition der Pokémon-Spiele habe ich Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre auf meinem Game Boy viele tolle Stunden erlebt – und gerade als ich dachte, dass es nicht besser werden könnte, habe ich mit der goldenen und silbernen Edition von Pokémon noch sehr viel mehr Freude gehabt. Sinnvolle Ergänzungen wie einhundert weitere Pokémon, zwei neue Typen, eine doppelt so große Spielwelt, der Tageszeitenwechsel und die Zucht von Nachwuchs lässt die Titel zu den besten Rollenspielen mutieren, die man im Game-Boy-Color-Portfolio finden kann. Neben der inhaltlich besseren Kristall-Edition haben mir einzig und allein nur die Remakes für den Nintendo DS, sprich Pokémon: HeartGold & SoulSilver besser gefallen, als die beiden vorliegenden Editionen für den Game Boy Color. Wer die Möglichkeit hat, in den Genuss der Remakes zu kommen, sollte aufgrund technischer und inhaltlicher Verbesserungen eher dort zu greifen. Dennoch verzaubert die Game-Boy-Color-Version damals wie heute.