The Shrouded Isle – TEST

Inzwischen erlebt der Lovecraft-Mythos in Videospielen einen zweiten Frühling. Auf der Nintendo Switch erinnert neben Darkest Dungeon und bald Call of Cthulhu: The Official Video Game auch The Shrouded Isle an die Elemente jener klassischen Horror-Literatur.


Die Entwickler selbst bezeichnen The Shrouded Isle als einen Dorfkult-Simulator, was zwar eine sehr ungewöhnliche Bezeichnung ist, aber das Spielprinzip im Grunde gut trifft. Wir haben die Aufgabe ein eingeschworenes Städtchen irgendwo im 18. Jahrhundert zur Erlösung ihres Gottes zu führen. Das geschieht nur, wenn jede Jahreszeit ein Menschenopfer vollbracht wird und die Gemeinde nicht in Ungnade fällt. Die wichtigen Statuswerte Eifer, Disziplin, Buße, Gehorsam und Unwissen müssen wir im Auge behalten, sinkt die Moral in der Stadt jedoch zu weit, müssen wir das Spiel von vorne beginnen.

Nieder mit den Ungläubigen!

Auf einer Karte sind die fünf einflussreichsten Familien der Stadt mit all ihren Familienmitgliedern abgebildet. Jede Figur besitzt zwei Charakterwerte, eine Tugend und ein Laster, die entsprechend den fünf Statuswerten zugeordnet sind. Das Problem: Zu Beginn sind uns alle Figuren noch unbekannt und erst durch Untersuchungen offenbaren sich die Werte der Personen. Pro Runde haben wir nur eine begrenzte Anzahl an möglichen Untersuchungen offen, um uns ein Bild der Gläubigen in der Stadt zu machen. Ein paar Hinweise gibt es aber schon zu Beginn. Andrei Blackborn zum Beispiel scheint undiszipliniert zu sein, durch eine Untersuchung finden wir heraus wie schlimm sein Laster – oder seine Tugend – tatsächlich ausgeprägt ist.

Das Abwägen der Pro- und Kontra-Punkte jedes Charakters wird zum Ende der Runde wichtig, denn dann müssen wir einen Berater jedes Hauses festlegen. Dessen Eigenschaften beeinflussen in der kommenden Jahreszeit die Statuswerte, anschließend ist das Menschenopfer an der Reihe. Einer der fünf Berater muss pro Runde dran glauben, die Familie der Person wird das zwar nicht gutheißen, aber in The Shrouded Isle hat jede Entscheidung immer auch negative Konsequenzen.

Entscheidungen mit Konsequenzen

Das ist der Grund, warum das Spiel zu Beginn auch besonders schwer ist und in vielen Neustarts endet. Denn sobald die Lage aussichtslos ist, startet das Erlebnis noch einmal vom ersten Tag. Vielleicht haben die Entwickler das Lovecraft-Thema etwas zu direkt umgesetzt, denn wir Spieler sind zu Beginn des Spiels nämlich auch von Unwissenheit geprägt. Allerdings führt das nicht dazu, dass wir das Spiel Stück für Stück kennenlernen. Ohne Tutorial werden wir direkt in das Spielgeschehen geworfen und müssen Entscheidungen fällen, wozu unsere Informationslage nicht ausreicht – lediglich die fünf Anzeigen am Bildschirmrand geben einen Hinweis darauf, welches Ziel das Spiel hat. Diese dürften sich bei den meisten Spielernaber sehr schnell rot färben, dementsprechend schnell sind die ersten Runden auch zu Ende.

Wer sich reinfuchsen will und sich mit der wiederholenden Spielstruktur anfreunden kann, wird mit dem Spiel aber seinen Spaß haben. Dietaktischen Entscheidungen, welche Werte der Figuren wir aufdecken wollen, damit die kommende Runde besser planbar wird und wen wir zum Opferaltar schicken, haben durchaus seinen Reiz. Das Szenario passt dazu ausgezeichnet zum spielerischen Hintergrund und Events sorgen dazu für etwas Abwechslung. Ab und zu bekommen wir zum Beispiel anonyme Briefe, die Mitmenschen anschwärzen. Die Tochter der Effersons trägt ihre Kleidung neuestens wohl ungewöhnlich – so ein abweichendes Verhalten muss natürlich bestraft werden! Die Bonuspunkte auf Gehorsamkeit sind es wert, auf die Zustimmung des Hauses Effersons können wir in diesem Fall verzichten.

Die kontrastreiche Farbgestaltung des Titels trägt zwar zum Charme bei, stört aber in Sachen Spielbarkeit. Im Spiel kann diese auch neu eingestellt werden, zur Auswahl stehen aber kaum Farben, die die Lesbarkeit der Texte verbessern würden. Farben wie Opferwein, Kürbislaterne und Kremationsasche helfen dabei kaum. Im Handheldmodus gibt es dafür einen Touchscreen-Support.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

Das Szenario von The Shrouded Isle hat mir gut gefallen. Auch wenn es ein ernstes Spiel ist, was in dem Städtchen so vor sich geht, hat esaber irgendwie auch seine komischen Seiten. Das ganze Leben der Bewohner ist auf die Hingabe zur örtlichen Religion ausgerichtet und dementsprechend unterhaltsam sind die Figurendarstellungen. Vasilisa zum Beispiel ist sehr jähzornig, weswegen sie ganze Nächte lang durchschreit. Das gibt immerhin Extrapunkte auf Eifer. Die andauernden Bücherverbrennungen machen dazu die Nächte zum Tage. Wenn es um den spielerischen Aspekt geht, war ich anfangs überfordert und auch nach Herumprobieren lagen die Zügel der Stadt nie wirklich sicher in meinen Händen. Ein richtiger Story-Modus hätte mir zwar besser gefallen, die kurzen Partien eines Spieldurchgangs lassen sich dafür aber gut genießen.