Story of Seasons: A Wonderful Life – VORSCHAU

Am 26. Januar 2023 erschien Story of Seasons: A Wonderful Life bereits für die Switch und die PlayStation 5 in Japan. In Europa müssen wir uns noch bis zum 27. Juni 2023 gedulden. Es ist aber nie zu früh, einen Blick auf das Remake eines der besten Serienteile zu werfen.


Bevor das damalige Harvest-Moon-Franchise ab Mitte der 2000er-Jahre in verschiedene und nicht immer positive Richtungen abdriftete, erreichte die Serie mit den Ablegern Friends of Mineral Town und A Wonderful Life ihren vorläufigen Höhepunkt. Nachdem Friends of Mineral Town bereits ein Remake erhielt, ist im Jahr 2023 A Wonderful Life an der Reihe. Das Remake kombiniert dabei die Merkmale der ursprünglichen GameCube-Fassung von 2003 mit dem ein Jahr später veröffentlichen Update Another Wonderful Life.

So können wir also von Beginn an in die Haut eines männlichen, weiblichen und neuerdings auch eines diversen Charakters schlüpfen und im Vergessenen Tal die von unserem Vater heruntergewirtschaftete Farm auf Vordermann bringen. Wir bestellen die Felder, kümmern uns um Kühe, Schafe und Hühner und knüpfen im Tal allerhand Freundschaften und finden dort unsere große Liebe. Sicherlich ist das grundlegende Konzept bestens bekannt und bedarf an dieser Stelle keiner großen Worte, schließlich wurde es in unzähligen Spielen wie Stardew Valley bis zur Unendlichkeit gemolken. Da das Original auf den Autor dieser Zeilen aber eine ungeheure Wirkung hatte, soll in Vorbereitung auf den bevorstehenden Release in Europa eine Untersuchung von bekannten und weniger bekannten Fakten folgen – und da gibt es so einiges zu besprechen!

Namensänderungen und neue Übersetzung

Wer sich Screenshots und Videos der bereits erhältlichen japanischen Fassung anschaut und das Original kennt, dem dürfte die generalüberholte Grafik sofort ins Auge springen. Die visuelle Überarbeitung vom eher gedämpften und vielleicht sogar etwas realistischeren Look hin zu einer deutlich farbenfroheren Darstellung passt mehr ins Bild der heutigen Story-of-Seasons-Spiele. Konträr dazu haben die Entwickler am Charakterdesign gearbeitet und den eher comicartigen Figuren des Originals etwas natürlichere Proportionen verpasst. Eine ganz interessante Designentscheidung, die nicht unbedingt nachvollziehbar ist, dem Spiel aber einen frischen Anstrich verleiht.

Warum aber einige der Ortschaften und Spielfiguren, zumindest in der englischen Version, umbenannt wurden, ist jedoch fraglich. Aus Muffy wird Molly und Marlin heißt ab sofort Matthew. Inwiefern die deutsche Übersetzung davon betroffen sein wird, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht absehbar. Da auf dem Vorstellungstext auf der deutschen Unterseite auf der offiziellen Nintendo-Homepage aber schon vom Vergessenen Tal und nicht vom Vergiss-mein-nicht-Tal die Rede ist, gehen wir davon aus, dass auch in der deutsche Version fröhlich umbenannt wird. Dies deutet jedoch auf eine Neuübersetzung hin, was ziemlich gut ist, denn das Original litt an so einigen Rechtschreib- und Grammatikfehlern.

Ehe für alle

Manchen Charakteren wurden aber nicht nur neue Namen gegeben. Es wurde auch an ihrem äußerlichen Erscheinungsbild geschraubt. Der Obdachlose Murray heißt inzwischen Pui und trägt anstatt abgenutzter Kleidung nun ein Gewand aus in der Natur zu findenden Materialien und wirkt damit schon fast wie ein Pikmin. Wie eingangs erwähnt können wir im Vergessenen Tal auch heiraten und Nachwuchs zeugen. Das Besondere dabei ist, dass wir glücklicherweise keine Einschränkungen hinnehmen müssen.

Egal welchem Geschlecht wir angehören, wir können alle Junggesellen und Junggesellinnen unabhängig unserer sexuellen Orientierung bezirzen. Das schwächt zwar ein wenig die Nicht-Spieler-Charaktere in ihrer persönlichen Gestaltung ab, da kaum jemand keine Unterschiede bei der Partnerwahl machen würde, aber ist dieser Anspruch an Realismus im Grunde doch eh unerheblich. Schließlich erkaufen wir unsere Zuneigung ohnehin seit dem Seriendebüt überwiegend mit Geschenken, was im Jahr 2023 eigentlich genauso kritisch beäugt werden müsste. Im Endeffekt geht es doch nur darum, dass wir die digitale Liebe in der Bauernhofsimulation so ausleben können, wie wir möchten – und hier macht A Wonderful Life wirklich vieles richtig. Auch gleichgeschlechtliche Beziehungen dürfen sich wohl, ähnlich wie bei Friends of Mineral Town, über Nachwuchs freuen.

Spiel nicht für jedermann

Neben diesen Veränderungen wird das Spiel aber auch Ergänzungen bieten. So soll es mehr als siebzig Events geben, in die unser Bauer oder unsere Bäuerin verwickelt werden könnte. Das erhöht die Immersion deutlich, waren die Ereignisse in der Ursprungsversion doch noch nicht allzu häufig auslösbar. Atmosphärisch dürfte sich so gut wie nichts an A Wonderful Life getan habe, was besonders für Nostalgiker ein wichtiger Kaufgrund sein dürfte. Wenn schon dieselben bekannten Soundeffekte wie auf dem GameCube ertönen, zaubert uns das ein Lächeln aufs Gesicht. Das heißt aber noch lange nicht, dass sich das Remake tatsächlich für jeden Spielertypen eignet.

In Japan kommt A Wonderful Life unterschiedlich gut bei den Spielern an, was ein Blick in Bewertungen japanischer Versandhäuser belegt. So fühlen sich vor allem jene Spieler, die den Titel in den 2000er-Jahren bereits auf dem GameCube oder der PlayStation 2 gespielt haben, sofort heimisch und fühlen sich durch das Remake in ihre Kindheit oder Jugend versetzt. Neue Spieler stören sich an verschiedenen Fakten, die auch nicht beschönigt werden können. So fehlt es wie im Original an Musik außerhalb der Farm, bestimmten Häusern und Events. Vielen sind die angenehmen Umgebungsgeräusche wie das Rauschen des Wassers im Bach, das Zwitschern von Vögeln und Co wohl einfach zu wenig.

Mit Spannung erwarteter Release in Europa

Letzteres ist für uns verwunderlich, genießen wir diese Soundkulisse im Original doch sehr, da wir uns direkt wie in einen Wald oder auf ein Feld versetzt fühlen. Obwohl es im Tal neue Orte zum Erkunden geben soll, ändert sich wohl nichts an der allgemeinen Spielwelt. Dass der Handlungsort nicht größer ausfällt als damals, ist aber ein Negativkriterium, das immer wieder von japanischen Spielern aufgeführt wird. Auch dass jede Jahreszeit lediglich auf zehn Tage kommt und Festlichkeiten in Form von Jahrmärkten nicht hinzugefügt wurden, kritisieren die Japaner. Letzteres halten auch wir für sehr, sehr bedauerlich. Gerade durch die Ergänzung von über siebzig Events hätten wir erwartet, dass auch die Feste ein wenig umfangreicher ausfallen und angemessener gefeiert werden.

Trotz der schieren Vielzahl an Informationen, die seit dem japanischen Release die Runde machen, konnten wir noch nicht Antworten auf all unsere Fragen finden. Beispielsweise ist noch unklar, wie hoch die Einnahmen durch die Feldarbeit anfallen, da sich diese im Original kaum gelohnt hat. Am Ende blicken wir also mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die europäische Veröffentlichung. Am 27. Juni 2023 werden wir spätestens selbst wissen, wie gut Entwicklerstudio Marvelous die fast zwanzig Jahre alte Spielerfahrung in diesem Remake wirklich modernisiert hat.

Geschrieben von Eric Ebelt

Prognose:

Für mich ist Harvest Moon: A Wonderful Life zusammen mit Harvest Moon: Friends of Mineral Town und dem Seriendebüt eines der besten Spiele der Reihe. Ich freue mich daher schon wahnsinnig auf das Remake, das dann selbstverständlich auch den neuen Seriennamen Story of Seasons trägt. Der Untertitel bleibt zum Glück gleich, zeigt er doch sehr gut, worauf es im Spiel und im Leben ankommt. Während mir die farbenfrohen Grafiken gefallen und mir viele Orte trotz des neuen Anstrichs sofort bekannt vorkommen, weiß ich noch nicht so ganz, was ich vom neuen Charakterdesign halten soll. Die Proportionen der Charaktere wirken im Gegensatz zum Grafikstil schon zu plastisch. Dass die Figuren und Handlungsorte zum Teil neue Namen erhalten, ist darüber hinaus fragwürdig, aber wohl nur eine Frage der Gewöhnung. Für mich ist jedoch die Hauptsache, dass das Gameplay wieder flutscht und danach sieht es aktuell aus. Offene Fragen, wie zum Beispiel der tatsächliche Ertrag von Feldfrüchten ausfällt und ob es einen äquivalenten Ersatz für die Konnektivität zwischen GameCube und Game Boy Advance gibt, bleiben derzeit noch unbeantwortet. Das macht aber auch ein wenig die Vorfreude und den Reiz aus. Abgesehen davon freue ich mich schon sehr auf das Remake und kann den 27. Juni 2023 gar nicht mehr erwarten.