Metal Slug Tactics – TEST

Zwischen 1996 und 2008 erschien die Metal-Slug-Reihe zunächst für Arcade-Automaten mit Neo-Geo-Architektur, später auch für die Neo-Geo-Heimkonsole und weitere Plattformen. Seither ruht die Run-and-Gun-Serie. Mit Metal Slug Tactics fährt sie Strategie-Geschütze auf.


Jüngere Spieler werden wohl eher noch nichts über die Metal-Slug-Reihe gehört haben, zählt sie doch zu jenen Videospielreihen, die in den Arcade-Hallen für leere Geldbeutel sorgten. Mit einem knallharten Schwierigkeitsgrad zogen die einzelnen Titel den Spielern das Geld nur so aus der Tasche, da die Spielfiguren in wenigen Sekunden den nächsten Heldentod im Krieg finden konnten. Spätere Kollektionen wie die Metal Slug Anthology für die Nintendo Wii sind zumindest so fair und simulieren das Nachwerfen von Münzen, ohne uns ständig auf den Titelbildschirm zurückzuwerfen. Der horrende Schwierigkeitsgrad haftet dennoch seit den 1990er-Jahren an der Reihe.

Metal Slug Tactics bleibt dem hohen Anspruch treu, wechselt aber das Genre. Statt abstruser Run-and-Gun-Action aus der Seitenperspektive tüfteln wir nun strategische Angriffspläne aus der isometrischen Ansicht aus – und das ganz in Ruhe und ohne Druck. In einem kurzweiligen Tutorial bekommen wir mit kurzen, aber verschachtelten Hilfstexten alle wichtigen Kniffe beigebracht und können diese direkt erproben. Allerdings sei gesagt, dass der Schwierigkeitsgrad nach den anfänglichen Gehversuchen schnell anziehen kann. Dies macht er im Verlauf des Spiels immer wieder, da Metal Slug Tactics nicht nur ein Taktikspiel ist, sondern zu einem guten Teil auch die Identität eines Teil Rogue-likes besitzt.

Genrewechsel mit bekannten Gesichtern

Krieg ist nicht nur ein großes Problem in der Realität, sondern auch Ausgangslage der dünnen Handlung von Metal Slug Tactics. Die Weltregierung entsendet eine Einsatztruppe, um General Donald Mordens Verbrechen gegen die Menschlichkeit Einhalt zu gebieten. So gibt es zu Beginn des auf etliche Stunden angelegten Taktikspiels direkt ein Wiedersehen mit den Seriencharakteren. Neben Marchrius Dennis Rossi, genannt Marco, begleiten uns bei den ersten Missionen auch Kasamoto Eri und Fiolina Germi, welche Fans vor allem als Fio kennen. Sobald wir einige Erfolge gefeiert haben, kommen auch weitere bekannte Gesichter wie Tarmicle „Tarma“ Roving III. hinzu.

Haben wir die Einführung hinter uns gebracht, wählen wir in der Einsatzzentrale unsere bis zu vier Köpfe umfassende Truppe aus und ziehen in den Kampf. Sobald wir eine Region ausgewählt haben, ziehen wir von Schlachtfeld zu Schlachtfeld und legen uns in kleineren wie größeren Scharmützeln mit dem Feind an. Ähnlich wie in der X-Com-Reihe oder Mario + Rabbids: Kingdom Battle bewegen wir die Figuren ihrem Bewegungsradius entsprechend zum nächsten Ziel. Je weiter sie sich bewegen, desto mehr Adrenalin erhalten sie zum Einsatz von Spezialfähigkeiten. Dennoch sollten wir immer darauf achten, dass die Charaktere Schutz vor den Feinden hinter Mauern, Autowracks oder dergleichen nehmen.

Licht- und Schattenseiten der Rogue-like-Varianz

Da die Ziele pro Karte immer wieder unterschiedlich sind, müssen wir auch jedes Mal anders agieren. Beispielsweise ergibt es nur begrenzt Sinn mit Karacho auf alle Feinde loszugehen, wenn wir fünf Spielrunden durchhalten und mit mindestens einer Spielfigur überleben müssen. Diese rücken in Intervallen nach und selbst wenn wir unsere Einheiten so positionieren, dass sie Synchronangriffe durchführen können, um noch mehr Schaden auszurichten, ist das der falsche Weg. Stattdessen sollten wir lieber nach guten Deckungsmöglichkeiten suchen. Ähnlich verhält es sich, wenn wir nur markierte Ziele ausschalten sollen. Ansonsten würden sich die Scharmützel auch zu sehr in die Länge ziehen.

Haben unsere Einheiten das Gefecht überstanden, erhalten sie zudem Erfahrungspunkte und steigen im Level auf. In Metal Slug Tactics heißt das aber nicht, dass sie dann auch mehr Lebensenergie haben. Diese bleibt tatsächlich weiterhin auf dem Ausgangswert, womit der hohe Schwierigkeitsgrad teils zu erklären ist. Stattdessen können wir Spezialfähigkeiten oder passive Eigenschaften wählen, wodurch unsere Einheiten unter anderem mehr Schaden anrichten, blitzschnell übers Schlachtfeld huschen oder die Position eines Gegners verändern können. Jede Partie spielt sich sehr unterschiedlich, was im Umkehrschluss bedeutet, dass wir Taktiken kaum meistern können. Bugs wie plötzlich nicht ausführbare Aktionen schmälern die taktischen Raffinessen.

Taktikspiel mit Retro-Charme

Fallen all unsere Einheiten im Kampf, gilt die Kampagne als verloren. Wir landen in der Einsatzzentrale und müssen wieder von Vorne beginnen, die Region einzunehmen. Wollt ihr Spaß mit dem Spiel haben, müsst ihr dieses Konzept mögen. Habt ihr zuvor Gefallen am Taktikspiel Into the Breach gefunden, das angeblich als Vorbild für die französischen Entwickler beim Leikir Studio diente, so dürftet ihr euch in Metal Slug Tactics sofort zuhause fühlen. Visuell hat sich das Entwicklerstudio eng an die Pixelgrafik der Run-and-Gun-Reihe gehalten. Uns gefallen sowohl die Charaktersprites als auch die Effekte. Während das Spiel auf jedem halbwegs aktuellen PC rund läuft, kämpft die Switch unerklärlicherweise mit Performance-Problemen. Das Bild ruckelt und Soundeffekte werden verzögert abgespielt.

Ansonsten passt die Musik stets zum Geschehen und motiviert uns im Kampf gegen General Morden. Lediglich bei der Bedienung müssen wir uns an den Kopf packen. Beispielsweise können wir nicht alle Bewegungsradien der Gegner gleichzeitig anzeigen. Zudem ist es mit einem Controller nervig, die verschachtelten Hilfstexte zu lesen, um die Spielmechaniken zu verinnerlichen. Auch das Auswählen von Fähigkeiten ist auf Dauer schlicht umständlich. Wir können daher nur zur PC-Fassung und zur Verwendung von Maus und Tastatur raten. Bewaffnet mit diesen beiden Steuerungseinheiten funktioniert Metal Slug Tactics deutlich besser – und lädt dann stets zu kürzeren Partien zwischendurch ein.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Metal Slug Tactics ist unter den Gesichtspunkten eines Rogue-like-Spiels für Genrefans sicherlich einen Blick wert. Es kann definitiv unterhaltsam sein, sich immer wieder auf neue Scharmützel mit anderen Vorgaben und veränderten taktischen Bedingungen einzulassen, auch wenn gelegentlich Bugs das Vorankommen unerwartet bremsen. Hinzu kommt der charmante Retro-Look und motivierend klingende Musik, die es versteht, mich zu Höchstleistungen anzutreiben. Zumindest auf dem PC lässt sich all das auch gut mit Maus und Tastatur spielen. Mit einem Controller in der Hand verknote ich mir jedoch hier und da die Finger. Darüber hinaus ist die Performance auf der Switch in Anbetracht der audiovisuellen Eigenschaften ein schlechter Scherz. Bei mir weiß das Spiel auf der Switch aber nicht nur deshalb nicht ganz zu zünden, denn durch den Verlust fast aller Fortschritte bei einer Niederlage werde ich immer wieder zurückgeworfen und verliere auf Dauer Lust und Motivation. Das liegt jedoch eher am Genre und weniger am Spiel selbst. Mir wäre es lieber gewesen, wenn es zumindest einen alternativen Modus geben würde, bei dem meine Fortschritte erhalten blieben und meine Einheiten mit jedem Stufenaufstieg mehr Lebensenergie hätten. So dürfte das Spiel eher Fans der ursprünglichen Spiele ansprechen, die jedoch ein Faible für Taktikspiele mitbringen sollten. Falls euch der Rogue-like-Aspekt nicht stört und ihr gerne gefordert werden möchtet, dann ist Metal Slug Tactics zumindest auf dem PC eine akzeptable Wahl. Andernfalls greift ihr lieber zu Alternativen!