35 Jahre Metroid: Ein Rückblick – SPECIAL

Als in Japan am 06. August 1986 Metroid für Nintendos Famicom erschien, wurde nicht nur der Weg für eine neue, bis heute populäre Reihe, sondern auch für ein eigenes Genre geebnet. In den vergangenen fünfunddreißig Jahren wuchs Kopfgeldjägerin Samus Aran, Protagonistin der Metroid-Reihe, zu einer bekannten Videospiel-Figur heran, erlangte aber nicht die Größe von Nintendo-Charakteren wie Mario, Donkey Kong oder Link. Trotzdem ist die Karriere von Samus und des Metroid-Franchises beachtenswert.


Die 1980er-Jahre brachten einige große Videospiel-Ikonen hervor. Allein bei Nintendo standen in den vergangenen Monaten und Jahren einige Jubiläen an, und auch die kommenden Jahre bringen noch so manchen großen Geburtstag mit sich. Nach Mario, Donkey Kong, Link und Zelda, dürfen nun auch Samus Aran und die Metroid-Reihe auf fünfunddreißig Jahre Videospiel-Geschichte zurückblicken. Begonnen hat alles mit Metroid, das erst im Januar 1988 den Weg nach Europa fand. Bereits in dem Famicom- beziehungsweise NES-Spiel zeigten sich die Grundlagen, die den Einfluss der Reihe bedeuteten und Ende der 1990er-Jahre endgültig zur Schaffung eines eigenen Genres sorgten.

Ursprünge einer Kopfgeldjägerin

Bei Metroid handelt es sich um eine Action-Adventure-Reihe, die besonders durch das freie Erkunden einer zusammenhängenden, aus mehreren Gebieten bestehenden Welt besticht und auf klassische Level verzichtet. Im Jahr 1986 war diese Art des Leveldesigns neu und verlieh dem von Nintendo Research & Development No. 1 Department, R&D1, und Intelligent Systems entwickelten Spiel eine große Besonderheit. Die Geschichte des Science-Fiction-Spiels war relativ simpel. Als unbekannter Charakter im Kampfanzug mussten wir einen fremden Planeten erkunden, um Weltraumpiraten aufzuhalten, und kamen dabei in Kontakt mit den parasitären Metroid. Dass es sich bei Samus Aran um eine Frau handelte, blieb das gesamte Spiel über verborgen. Nur wer das Action-Adventure schnell genug durchspielte und somit die Endsequenz beeinflusste, durfte Samus ohne ihren Kampfanzug sehen und erfuhr somit, wer die Hauptrolle in Nintendos Science-Fiction-Abenteuer einnahm.

Als Inspiration diente dem Entwicklerteam unter anderem Ridley Scotts Science-Fiction-Horror-Film Alien sowie die Arbeiten von dessen Kreaturen-Designer H. R. Giger. Entsprechend ist auch Samus Aran grob an die von Sigourney Weaver gespielte Ripley angelehnt. Nur handelt es sich bei der Protagonistin der Metroid-Reihe um eine kampferfahrene Kopfgeldjägerin, die sich bewusst den Gefahren des Planeten Zebes stellt. Etwas, das natürlich wunderbar zu einem 2D-Action-Adventure passt und gleichzeitig ohne eine allzu große Hintergrundgeschichte für Interesse an der Figur sorgt.

Langsame Entwicklungen

Erschaffen wurden Protagonistin und Metroid von mehreren Personen bei Nintendo R&D1. So nahmen neben Director Satoru Okada auch die Charakterdesigner Yoshio Sakamoto und Hiroji Kiyotake, Scenario Writer Makoto Kano sowie Produzent und R&D1-Leiter Gunpei Yokoi großen Einfluss auf das Spiel und teilweise auch auf die Nachfolger. Bevor Samus Aran allerdings zu einem zweiten Abenteuer aufbrechen sollte, vergingen fünf Jahre. Erst im November 1991 erschien Metroid II: Return of Samus erstmals in Nord-Amerika für den Game Boy. Veröffentlichungen in Japan und Europa folgten im Januar beziehungsweise Mai 1992.

Metroid II: Return of Samus behielt das bekannte Gameplay des Vorgängers bei, verfrachtete es aber auf Nintendo Handheld und konnte damals mit einer atemberaubenden Technik auftrumpfen. Nicht nur optisch überzeugte das Action-Adventure in dieser Hinsicht auf dem Game Boy, sondern auch mit der Umsetzung der offenen Levelstruktur. Den großen Durchbruch schaffte Samus Aran allerdings erst 1994 auf dem Super Famicom beziehungsweise Super Nintendo Entertainment System. Bis heute gilt Super Metroid als eines der beliebtesten Spiele der Reihe, des SNES und der 1990er-Jahre.

Prägung eines Genres

Es war Super Metroid, das die Grundkonzepte des Reihenerstlings aufgriff, weiterdachte und perfektionierte. Samus’ Rückkehr auf den Planeten Zebes aus dem ersten Metroid stellte ein unvergleichlich spannendes und umfangreiches Abenteuer dar, dass zugleich viele Freiheiten bot. In der Rolle der Kopfgeldjägerin gilt es den fremden Planeten in schicker 16-Bit-Optik zu erkunden, neue Fähigkeiten zu finden, um mit diesen wieder neue Bereiche öffnen zu können. Obwohl sich Super Metroid, auch aufgrund des bekannten Planeten, teilweise wie ein Remake des ersten Teils anfühlen kann, setzte das SNES-Action-Adventure neue Maßstäbe innerhalb der Reihe und begründete schließlich das sogenannte Metroidvania-Genre, dessen Name vom an Super Metroid angelehnten Castlevania: Symphony of the Night mit geprägt wurde. Trotz der Namensgebung als Mischung beider Reihen, war es aber Metroid und besonders Super Metroid, das die gerade in den letzten Jahren überaus beliebten Metroidvanias hervorgebracht hat.

Trotz der Beliebtheit und des Erfolgs von Super Metroid pausierte die Action-Adventure-Reihe im Anschluss mehrere Jahre. Planungen für einen Nintendo64-Ableger scheiterten an mangelnden Konzepten für eine würdige Fortsetzung des erfolgreichen Super-Nintendo-Spiels. Yoshio Sakamoto, der bei Super Metroid als Director fungierte und seitdem verschiedene Positionen innerhalb der Metroid-Reihe eingenommen hat, verriet etwa, dass er sich nicht vorstellen konnte wie Samus mit dem N64-Controller gesteuert werden sollte. Auch die Produktion eines neuen Metroid-Spiels bei einem nicht bekannten externen Teams scheiterte aufgrund der Qualitätsansprüche von Nintendo, wodurch die Action-Adventure-Reihe bis ins Jahr 2002 brach lag.

Aufbruch in neue Dimensionen

Bereits zwei Jahre zuvor wählte Nintendo-Produzent Shigeru Miyamoto die in Texas ansässigen Retro Studios nach einem Besuch für die Entwicklung eines Metroid-Ablegers für die kommende neue Konsole, den GameCube, aus. Erstmals gab Nintendo damit eine eigene Marke an ein Studio außerhalb Japans. Das Ergebnis war nicht nur ein überaus gelungener Sprung in die dritte Dimension, sondern ebnete für die Metroid-Reihe auch einen komplett neuen Weg. Metroid Prime, das aus der First-Person-Perspektive gespielt wird, aber mehr Adventure als Shooter ist, konnte zahlreiche Fans weltweit gewinnen. Es stellte den Beginn einer beliebten Trilogie dar. Nach Metroid Prime 2: Echoes im Jahr 2004 und dem für Wii veröffentlichten Metroid Prime 3: Corruption im Jahr 2007 endete Samus’s Ausflug in die dritte Dimension allerdings weitgehend.

Die Karriere der Kopfgeldjägerin konzentrierte sich jedoch nicht nur auf die den Retro Studios entwickelten First-Person-Adventure. Parallel zu Metroid Prime, genauer sogar nur einen Tag nach dessen Erstveröffentlichung, erschien ebenfalls im November 2002 mit Metroid Fusion ein weiteres klassisches 2D-Abenteuer der Kopfgeldjägerin für den Game Boy Advance. Obwohl das Action-Adventure linearer als die vorherigen Ableger ist, konnte es die Fans mit einer umfangreichen Geschichte sowie der düsteren Atmosphäre begeistern. Besonders in Japan erfreuten sich die 2D-Metroid-Teile sogar größerer Beliebtheit als Metroid Prime und dessen direkter Nachfolger.

Neuauflagen, Pausen & Rückkehr

Statt eines weiteren neuen Teils setzte mit Metroid: Zero Mission 2004 ein stark erweitertes Remake des Reihenursprungs auf dem Game Boy Advance Samus’ Abenteuer fort. Anschließend wurde es abseits der erfolgreichen Metroid-Prime-Spiele sowie der davon abgeleiteten Spin-offs Metroid Prime Pinball und Metroid Prime Hunters ruhiger um die Kopfgeldjägerin. Erst 2010 kehrte Nintendo mit dem von Team Ninja und Nintendo Software Planning & Development Division entwickelten Metroid Other M zurück. Das Wii-Spiel setzte auf eine Mischung aus 2D- und 3D-Gameplay und konzentrierte sich auf eine storylastige Inszenierung. Allerdings zeigten sich viele Fans unzufrieden mit dem Action-Adventure, das den Ruf hat, der schlechteste Hauptteil der Reihe zu sein. Das lag vorrangig an der unnötig komplizierten Unterwürfigkeit von Samus gegenüber ihrem Vorgesetzten, der ihr ihre Fähigkeiten schlicht verbot und so bei den Spielern und Spielerinnen regelmäßig für Unverständnis sorgte. So wurde es nach Metroid: Other M in den folgenden Jahren still um Samus.

Abgesehen von Auftritten in anderen Reihen, etwa den Super-Smash-Bros-Spielen, ruhte sich Samus Aran von 2011 bis 2015 aus. Sogar im 2016 für den Nintendo 3DS veröffentlichten kooperativen First-Person-Shooter Metroid Prime: Federation Force spielte die Kopfgeldjägerin keine Rolle. Stattdessen rückten Marines der Galactic Federation in den Fokus der Geschichte. Auch das 2017 veröffentlichte Nintendo-3DS-Action-Adventure Metroid: Samus Returns stellte kein neues Abenteuer für Samus Aran dar. Stattdessen handelt es sich bei dem zurecht hochgelobten Titel um ein gerade optisch, aber auch spielerisch modernisiertes Remake von Metroid II: Return of Samus. Das spanische Entwicklerstudio Mercury Steam bewies damit ein Händchen für die klassischen 2D-Teile der Reihe. Es überrascht nicht, dass das Team mit Metroid Dread das erste komplett neue Samus-Abenteuer seit Metroid: Other M entwickeln dürfen. Anfang Oktober 2021 soll das Action-Adventure für Nintendo Switch erscheinen und den Metroid-Fans nach langer Wartezeit endlich eine Fortsetzung des 2002 erschienenen Metroid Fusion bieten.

Metroid Chronologie
Wer sich mit Metroid beschäftigt, wird erkennen, dass die Reihe laut Nintendo nicht in chronologischer Reihenfolge der Ereignisse erschienen ist. Besonders die Metroid-Prime-Spiele weichen vom Ablauf der Handlung ab. Deshalb hier die bekannte Reihenfolge, in der die Metroid-Spiele chronologisch und somit gemäß ihrer Geschichte angeordnet sind:

  • Metroid (Zero Mission)
  • Metroid Prime
  • Metroid Prime Hunters
  • Metroid Prime 2: Echoes
  • Metroid Prime 3: Corruption
  • Metroid Prime: Federation Force
  • Metroid II: Return of Samus (Samus Returns)
  • Super Metroid
  • Metroid: Other M
  • Metroid Fusion
  • Metroid Dread

Gleichzeitig befindet sich bereits seit Jahren Metroid Prime 4 in Entwicklung. Dieses lässt aber trotz einer Ankündigung auf der E3 2017 weiter auf sich warten. Grund dafür ist ein kompletter Neustart der Arbeiten an dem First-Person-Adventure aufgrund von mangelnder Qualität. Im Januar 2019 gab Nintendo Entertainment Planning & Development Division General Manger Shinya Takahasi einen Studiowechsel bekannt. Fortan hat Retro Studios, die bereits die ersten drei Metroid-Prime-Spiele entwickelt haben, die Arbeiten an dem vierten Teil übernommen. Genaue Details zu Metroid Prime 4 sind bisher nicht bekannt und außer dem Logo hat Nintendo auch noch kein Bild- oder Videomaterial gezeigt. Es bleibt also abzuwarten, wann Fans endlich wieder aus der First-Person-Ansicht mit Samus ein Abenteuer erleben dürfen. Dank Metroid Dread erhält die Reihe aber glücklicherweise bereits vorher eine Fortsetzung, die zugleich das Ende der mit Metroid 1986 begonnenen ursprünglichen Reihe darstellen soll, ohne Metroid wirklich zu beenden. Wie diese Aussagen von Produzent Yoshio Sakamoto zu interpretieren sind, erfahren wir wahrscheinlich erst, wenn Metroid Dread am 08. Oktober 2021 für Nintendo Switch erscheint.

Geschrieben von Alexander Geisler