8-Bit Adventures 2 – TEST

Ist von der goldenen Zeit der japanischen Rollenspiele die Rede, so ist damit vornehmlich die Zeit der 16- und 32-Bit-Konsolen gemeint. Allerdings gab es schon davor erinnerungswürdige Genrevertreter, die das australische Rollenspiel 8-Bit Adventures 2 der Reihe nach zitiert.


Schon vor dem 1986 veröffentlichten Dragon Quest gab es bereits erste Rollenspiele in Japan, doch erst das nachträglich zum Meilenstein deklarierte Werk von Publisher Enix hat die Blaupause gelegt, was wir heutzutage unter japanischen Rollenspielen verstehen. Diese Vorstellung ließ auch Chefentwickler Josh Hallaran vom australischen Entwicklerstudio Critical Games offenbar nicht mehr los. Im Jahr 2013 veröffentlichte er mit 8-Bit Adventures für den PC ein Spiel, das sich an dem wegweisenden Klassiker orientiert. 2015 kam es sogar prompt zu einem Remaster, welches dank Betriebsplattformen wie Steam oder Good Old Games auch heute noch kinderleicht nachzuholen ist.

Zehn Jahre nach Veröffentlichung des ersten Serienteils folgte im Januar 2023 der Nachfolger. Nachdem dieser fast zwei volle Jahre lang nur für PC-Spieler zugänglich war, kommen seit Oktober 2024 auch Besitzer der Nintendo Switch, der PlayStation 5 oder der Xbox Series X in den Genuss des Retro-Rollenspiels. Inhaltlich baut der zweite Serienteil auf dem Debüt auf. Obwohl dieses nicht auf den aktuellen Plattformen erschienen ist, können wir euch versichern, dass ihr keine Vorkenntnisse braucht. Alle nötigen Fakten lässt das an betagte japanische Rollenspiele wie Dragon Quest, Final Fantasy, Phantasy Star und Co erinnernde 8-Bit Adventures 2 stets im genau richtigen Moment fallen.

Neue und alte Helden

In einer zunächst mittelalterlich erscheinenden Fantasy-Welt drückt der siebzehnjährige Charlie die Schulbank in der Burg von Pheopolis. Als angehender Soldat lernt er alle Einzelheiten über die Helden aus dem ersten Teil und wird zum fähigen Kämpfer ausgebildet. Was danach klingt, dass die Errungenschaften der Helden Jahrhunderte zurückliegen, wird schon in der ersten Spielstunde relativiert. Die Recken, denen wir sogar eigene Namen geben können, sind quicklebendig. Zumindest die Diebin taucht in der Burg auf und berichtet der Königin davon, dass der Heldenkrieger verschwunden ist. Eine Suchaktion wird eingeleitet.

Charlie ist sich jedoch bewusst, dass er von der Obrigkeit als zu jung und unerfahren angesehen wird, sodass er sich der Schurkin nicht anschließen kann. Mitten in der Nacht büchsen wir mit ihm also aus, folgen der Diebin und schleichen uns auf ein Schiff. Obwohl sich das Rollenspiel vor allem visuell an japanischen 8-Bit-Werken orientiert, fällt die Geschichte deutlich komplexer aus. Zu erkennen ist dies auch an den umfangreichen Dialogen. Wir bekommen eben nicht nur den jeweils nächsten Auftrag vorgesetzt, sondern erfahren deutlich mehr über die Figuren und ihre Charaktereigenschaften. So entwickelt sich peu à peu eine Handlung, in welcher aus der anfänglichen Suchaktion eine deutlich größere Reise zur erneuten Weltenrettung wird.

8-Bit-Spiele und darüber hinaus

Neben der motivierenden Erkundung der Spielwelt, die schon genug Zeit in Anspruch nimmt, bekommen wir es in 8-Bit Adventures 2 auch mit zahlreichen rundenbasierten Kämpfen zu tun. Unsere Gegner sind jederzeit sichtbar und teils organisch in die Welt integriert. Sobald diese uns bemerken, stürmen sie auf uns zu. Es öffnet sich dann ein Kampfbildschirm, über den wir die Auseinandersetzung austragen. Zur Auswahl stehen uns einfache wie aus anderen Rollenspielen bekannte Befehle. Rundenweise greifen wir an, wirken Zaubersprüche oder fliehen aus einem Scharmützel, wenn uns dieses zu heftig werden sollte, obwohl der Titel bezüglich seines Schwierigkeitsgrades recht ausgeglichen ist.

Dennoch greift das Gameplay in den Kämpfen auf Mechaniken zurück, die sich erst in den 1990er- oder gar in den 2000er-Jahren etabliert haben. Beispielsweise wird die Kampfreihenfolge am rechten Bildschirmrand ähnlich wie in Final Fantasy X aus dem Jahr 2001 dargestellt. Damit haben wir in 8-Bit Adventures 2 stets im Blick, wann welcher Akteur im Kampf reagiert. Entsprechend können wir abschätzen, ob und wann es sich lohnt, einen Mitstreiter zu heilen oder einen Feind anzugreifen. Das macht uns in der Praxis sehr viel Spaß und ist darüber hinaus ein sehr guter Indikator dafür, wie überraschend tiefgründig das Kampfsystem schlussendlich ausfällt.

Altmodisches wie erfrischendes Rollenspiel

Beispielsweise verfügt jeder spielbare Held über eine Spezialfähigkeit, die er oder sie in den Kämpfen entfesseln kann. Charlie kann etwa einen Angriff auf zwei zufällige Gegner aufteilen, wodurch sich aber zugleich die Angriffsstärke halbiert. Haben wir es also mit mehreren schwachen Feinden zu tun, spart der Einsatz von Spezialfähigkeiten entsprechend Zeit ein. Ganz allgemein betrachtet fallen die Kämpfe also taktischer aus als wir es noch von den ersten Episoden der Final-Fantasy- und Dragon-Quest-Reihe kennen. So bereiten insbesondere die Bossgegner mächtige Angriffe vor, die wir mit dem Blockbefehl abschwächen sollten, um nicht zu viel Schaden zu nehmen. Ebenso kommt es darauf an, die Werte der Gruppe situationsbedingt zu erhöhen. Wer Titel des Shin-Megami-Tensei-Franchises kennt, weiß genau, wovon wir reden.

Darüber hinaus bleibt es aber sehr klassisch. Mit Erfahrungspunkten steigt unsere dreiköpfige Gruppe stufenweise auf und verbessert sich – und mit Geld kaufen wir in den Läden neue Ausrüstung. Hinzu kommt ein toller Pixel-Look, der vor allem an die späten 8-Bit-Spiele erinnert. Bei der 8-Bit-Chiptune-Musik summen wir zudem schon nach kurzer Zeit unbewusst mit. All das zieht uns noch tiefer ins Retro-Abenteuer hinein. Somit ist 8-Bit-Adventures 2 ist ein wunderbares wie zeitfressendes Rollenspiel der alten Schule geworden, das sich definitiv kein Genrefan mit einem Faible für die gute alte Zeit entgehen lassen sollte.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Von Rollenspielen der 16-Bit-Zeit kann ich einfach nicht genug bekommen. Zwar bin ich für die 8-Bit-Ära offen, doch bevorzuge ich lieber die modernisierten Versionen der Klassiker. 8-Bit Adventures 2 hat für mich den Vorteil, dass es kein Spiel der späten 1980er- beziehungsweise frühen 1990er-Jahre ist. Es fühlt sich eben nur so an, bietet aber viele gelungene Modernisierungen, die bis in die 2000er-Jahre hineinreichen. Zu erkennen ist dies unter anderem an der wesentlich komplexeren Story und den tiefgründigen Kampfmechaniken. Es macht mir Spaß, das Abenteuer mit einer bewusst betagten audiovisuellen Gestaltung zu erleben, aber dennoch nicht auf den Komfort der 16- und 32-Bit-Zeit und darüber hinaus zu verzichten. Besonders gefällt mir die Art und Weise, wie die Charaktere miteinander sprechen. Hierbei kommt auch der Humor nicht zu kurz. Ebenso ist die Inszenierung gelungen, denn die Zwischensequenzen in Spielgrafik wirken ebenfalls etwas frischer umgesetzt als es auf 8-Bit-Konsolen Gang und Gäbe war. Schlussendlich steht und fällt ein Rollenspiel bei mir aber vor allem mit dem Kampfsystem. Dieses bietet viele taktische Raffinessen und nutzt sich daher nicht so schnell ab. 8-Bit Adventures 2 ist ein fantastisches Werk für all jene Spieler, die ein Faible für Rollenspiele im Retro-Look haben. Alle anderen fahren mit aktuellen Genrevertretern besser, verpassen dann aber ein liebevoll gestaltetes Spiel, das auf unnötigen Ballast und Firlefanz verzichtet.