
Cattle Country – TEST
Spätestens seit dem unaufhaltsamen Erfolg von Stardew Valley sind Bauernhofsimulationen und Spiele, die sich daran anlehnen, keine Seltenheit mehr. Cattle Country von Entwicklerstudio Castle Pixel vermischt das altbekannte Gameplay mit einem Wildwestszenario.
Es ist wirklich faszinierend, dass uns Videospiele, in denen wir im wahrsten Sinne des Wortes für unsere Ziele arbeiten müssen, so sehr begeistern. Irgendetwas muss aber dran sein, an dem Bauernhofalltag, den wir auch in Cattle Country zu bewältigen haben. Angesiedelt irgendwo in der titelgebenden Region östlich der Rocky Mountains in Nordamerika müssen wir eine Farm beziehungsweise eine Ranch errichten und uns im Alltag mit den teils liebeswerten und teils auch etwas schrulligen Dorfbewohnern der jungen Siedlung herumschlagen.
Zu Beginn des Spiels erstellen wir unseren Protagonisten, wobei der Editor recht spärlich ausfällt. Haut- und Haarfarbe, Frisur und Klamotten – das war es im Grunde auch schon. Sonderlich wichtig ist uns das ehrlich gesagt auch nicht, denn trotz der spärlichen Auswahl an Individualisierungen, wozu auch die freie Benennung unseres Hofes und sogar der umliegenden Stadt gehört, werden wir so schnell ins Gameplay geworfen. Sobald wir mit der Kutsche im Wilden Westen angelangt sind, bekommen wir mit Axt, Hacke, Pickel, Sense, Gießkanne und Co auch schon die ersten Werkzeuge in die Hand gedrückt. Mit dabei ist auch ein Briefkasten für die Post, eine Sammelbox für die Ernteerträge und ein Zelt, damit wir in der Wildnis irgendwie überleben. Kaum sind wir allein, bauen wir in Cattle Country auch schon das erste Gemüse an.
Inspiration und Nachahmung
All das klingt bis vielleicht auf das ungewöhnliche Szenario sehr nach Harvest Moon, Story of Seasons oder eben Stardew Valley. Auch in weiteren Belangen ähnelt der Titel sehr seinen großen Vorbildern und übernimmt frech etliche Spielmechaniken. Beispielsweise können wir an Werkbänken neue Einrichtungsgegenstände zimmern, an Kochstellen Fleisch braten oder an Flüssen angeln gehen. Cattle Country fehlt es in gewisser Weise an einer eigenen Identität, was aber Fans von Wohlfühlspielen so ziemlich egal sein dürfte.
So macht es auch in Cattle Country jede Menge Spaß, das Feld zu bestellen, das Land im Wandel der Jahreszeiten zu erleben, sich irgendwann um die Tiere zu kümmern, die Nachbarn kennenzulernen, sich mit diesen anzufreunden, regelmäßig Feste mit ihnen zu feiern und womöglich auch noch den Bund der Ehe einzugehen. Spieler, die bereits mit den Vorbildern ihren Spaß hatten, werden sich deshalb sofort im Werk von Castle Pixel zurechtfinden. Wer jedoch noch keinerlei Erfahrung mit besagten Titeln hatte, könnte zumindest vor einer kleinen Herausforderung stehen. Zwar sind die Mechaniken nicht sonderlich komplex, aber fehlt es im Spiel weitestgehend an Erklärungen. Der Wille muss also da sein, sich mit intrinsischer Motivation ans Gameplay heranzuwagen. Wer aber erst einmal im Flow ist, wird das Spiel nicht so schnell ausschalten.
Eigenständiges Wildwestszenario
Trotz aller Inspiration, die in Cattle Country an so vielen Stellen zu spüren ist, setzt das Spiel auch eigene Akzente. Beispielsweise wechselt das Geschehen beim Buddeln in den Minen der Spielwelt von der leicht versetzten Vogelperspektive in die zweidimensionale Seitenansicht. Das bringt Abwechslung in den drögen Arbeitsalltag. Im Gegensatz zu weitgehend fröhlichen Titeln wie Story of Seasons: A Wonderful Life geht es hier auch schon mal etwas rabiater zur Sache. Alleine schon die Existenz einer Metzgerei im Ort spricht wohl Bände. So ist es auch möglich, auf die Jagd zu gehen. Ob wir den niedlichen Tieren ans Leder beziehungsweise Fell wollen, ist aber gänzlich uns überlassen. Neben dieser überraschenden Tatsache kann es in der Lebenssimulation ebenfalls vorkommen, dass sich uns Banditen in den Weg stellen.
Anhand solcher Situationen ist gut zu erkennen, dass sich die Entwickler des Szenarios bewusst waren und eigenständige Elemente einbauen wollten. Das ist ihnen definitiv gelungen. Trotz allem ist das stilistisch an Blossom Tales: The Sleeping King angelehnte Cattle Country nicht über alle Zweifel erhaben. So zuckersüß die audiovisuelle Gestaltung ist, so wenig verstehen wir, warum der Bildschirmausschnitt auf der Konsole gleich so riesig sein muss. Dies führt gerade auf der Switch hier und da zu leichtem Ruckeln. Auch könnte die Menüführung angenehmer sein, weshalb wir ganz klar zur PC-Version raten, sofern dies für euch eine Alternative ist.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Stardew Valley ist und bleibt der Genreprimus, was Bauernhofsimulationen angeht. Daran kann auch Cattle Country nicht rütteln, doch das will der Titel vielleicht auch gar nicht. Stattdessen konzentrierten sich die Entwickler von Castle Pixel auf ein Wildwestszenario und verbanden dies mit den Merkmalen der klassischen Genrevertreter. So errichte ich im Spiel eine Farm beziehungsweise Ranch von Grund auf, freunde mich mit meinen Nachbarn an und erlebe viele weitere alltägliche Dinge. Hierzu zählt dann die (optionale) Jagd auf Tiere zum Überleben, das Buddeln nach Gold und Schätzen in den Minen und das Anlegen mit Banditen. Obwohl das Spiel im Kern nach wie vor eine typische Lebenssimulation im Stile von Harvest Moon oder Story of Seasons ist, überzeugt es mit seinen eigenständigen Ideen. Allerdings kann ich nicht verstehen, warum der Bildschirmausschnitt in der Switch-Fassung derart riesig sein muss, zumal das an verschiedenen Stellen auch zu kleinen Ruckelpartien und bis zu zehn Sekunden langen Ladezeiten beim Bildschirmwechsel führt. Auch hätte die Steuerung für die Konsole angepasst werden müssen, aber das war und ist nach wie vor auch ein Problem von Stardew Valley. Deshalb kann ich nur zur PC-Fassung raten, für die das Spiel auch wirklich optimiert ist.