Dragon Quest III: The Seeds of Salvation – TEST

Mit Dragon Quest definierte Publisher Enix Ende der 1980er-Jahre ein ganzes Genre. Nachdem vom damaligen Konkurrenten Square mit Final Fantasy ordentlich Gegenwind aufkam, wurde mit Dragon Quest III: The Seeds of Salvation die Messlatte noch einmal höher gelegt.

 


Während zwischen den Erstveröffentlichungen des Seriendebüts und Dragon Quest II: Luminaries of the Legendary Line nur etwa sechs Monate lagen, hat sich das ursprüngliche Entwicklerstudio Chunsoft für die dritte Episode gleich ein ganzes Jahr Zeit genommen. Die verhältnismäßig lange Entwicklungszeit ist in nahezu allen Aspekten von Dragon Quest III zu spüren – lediglich die Handlung bleibt wie schon bei den ersten beiden Ablegern im Hintergrund. So schlüpfen wir viele Jahre vor den Ereignissen des ersten Serienteils in die Haut eines Helden oder einer Heldin, der beziehungsweise die in die Fußstapfen seines respektive ihres Vaters, des Kriegers Ortega, treten will.

Dieser ist auf einer Reise verschollen gegangen – ausgerechnet jetzt, wo der böse Teufel Baramos die Welt unterjochen will. Zumindest erzählt uns das der König unserer Heimat Aliahan, der uns zur Bekämpfung des Erzfeindes aller Lebewesen aussendet. Im Gegensatz zum Vorgängertitel, in dem sich uns im Verlauf der Story noch zwei vordefinierte Charaktere anschließen, können wir in Dragon Quest III gleich von Beginn an mit bis zu drei Mitstreitern losziehen. Kaum haben wir das Schloss verlassen, geht es rüber zu Patty’s Party Planning Place, einer Art Taverne, in der wir uns entweder bereits erstellte Charaktere schnappen oder unsere Helden von Grund auf selbst erstellen dürfen.

Intelligentes Klassensystem

Wir können nicht leugnen, dass uns Dragon Quest III abseits des auch so schon kaum charakterisierten Helden hier nur drei weitere seelenlose Figuren vorsetzt. Das mag zwar sicherlich nicht jedem gefallen, doch können wir sagen, dass wir uns schnell an Linus, Pierre und Dorothy gewöhnen, auch wenn sie an keiner einzigen Stelle Gespräche mit der Hauptfigur oder gar mit Nicht-Spieler-Charakteren führen. Allerdings hat dieses System einen sehr großen Vorteil, denn so entscheiden wir auch über die Klassen unserer Gruppenmitglieder. Neben den obligatorischen Kriegern, Magiern und Heilern stehen uns auch untypische Berufe wie Kaufleute oder Diebe zur Verfügung, die Varianz ins Spiel bringen.

Sobald ein Charakter übrigens die zwanzigste Stufe erreicht hat, dürfen wir ihm auch eine Umschulung spendieren. Nach der Umorientierung startet ein Held in Dragon Quest III zwar wieder auf dem ersten Level, behält aber einen Teil seiner Attribut und zudem alle Fähigkeiten. So entstehen regelrechte Mischklassen, wodurch das sehr tiefgründige Klassensystem zum Experimentieren einlädt. Schade ist nur, dass uns im Spiel nicht verraten wird, welche Vor- und Nachteile die einzelnen Jobs mit sich bringen. Selbiges betrifft auch die auf der Abenteuerreise aufzulesenden Bücher, die die Persönlichkeiten unserer Helden verändern können und Einfluss auf deren Statuswerte haben.

Sehr gute Spielbarkeit dank cleverer Charaktere

Spielentscheidend sind diese Elemente aber nicht, denn wer den zahlreichen rundenbasierten Kämpfen nicht aus dem Weg geht, sollte kaum im Spiel verzweifeln. Alleine durch den Umstand, dass wir das Abenteuer mit vier Charakteren beginnen, ist der Auftakt von Dragon Quest III wie in kaum einem anderen Ableger der Reihe so einfach, intuitiv und schnell. Mitunter liegt das auch an der Programmierbarkeit unserer Kollegen, denn bis auf die Hauptfigur lassen sich den anderen Charakteren Verhaltensmuster aufzwingen. So müssen wir nicht ständig aus dem verschachtelten Magiemenü den passenden Zauberspruch auswählen und können uns stattdessen nur auf unseren Helden konzentrieren.

Puristen dürfen allen Figuren natürlich auch direkte Befehle geben, doch bevorzugen wir weitgehend das neue Konzept: Sollte während einer Runde eine Veränderung in der Auseinandersetzung eintreten, reagieren die Charaktere überraschend clever auf die neuen Kampfbedingungen. So heilt ein Kleriker plötzlich einen Mitstreiter, der in der laufenden Runde viele Treffer einstecken musste. Übernehmen wir stattdessen das Kommando, können wir solche Überraschungen nicht mit einplanen, da alle Befehle zu Beginn der Runde eingegeben werden müssen. Bis auf die letzten Kämpfe von Dragon Quest III, die besonders knackig sind, lässt sich das Spiel so wunderbar durchspielen.

Stets motivierende Weltenrettung

Bereits der zweite Teil der Dragon-Quest-Reihe hat eine Entwicklung in puncto Umfang angestoßen, die Dragon Quest III fortgeführt wird. Etwa vierzig Stunden sind wir damit beschäftigt, die sehr große Spielwelt, die geographisch an vielen Punkten unserer Erde angelehnt ist, zu erkunden. Das fällt im Gegensatz zu den ersten beiden Teilen dem deutschsprachigen Publikum wesentlich leichter. Eine deutsche Lokalisation fehlt zwar, doch redet ein Großteil der Nicht-Spieler-Charaktere nicht mehr mit antiquierten Begriffen des Englischen. Nur zum Finale hin tauchen diese Sprachgewohnheiten wieder auf, um die storytechnische Brücke zum Serienerstling zu schlagen.

Wie genau wir das meinen, solltet ihr aber unbedingt selbst herausfinden, denn obwohl die Handlung sehr seicht und meistens kaum spürbar ist, gelingt es ihr vor allem in den letzten zehn Spielstunden mit der einen oder anderen Überraschung zu überzeugen. Auch wenn das motivierende Sammeln der Mini-Medaillen erst mit dem vierten Serienteil eingeführt wurde, hat das Feature seinen Weg in die Remakes von Dragon Quest III gefunden, was die Nintendo-Switch-Fassung einschließt. Es macht unglaublich viel Spaß, bis in die hintersten Winkel von Städten und Dungeons vorzustoßen – immer in der Hoffnung, eine Mini-Medaille aufzuspüren und dafür später gebündelt eine tolle Belohnung zu kassieren.

Herausragendes Rollenspiel

In sonstigen Belangen deckt Dragon Quest III das typische Muster von japanischen Rollenspielen ab, wozu der Titel 1988 maßgeblich beigetragen hat. Wir plündern Schatztruhen, bekämpfen für Gold und Erfahrung tausende Gegner und erwerben von erbeutetem Geld in den Läden der Spielwelt neue Waffen und Rüstungen. So bietet Dragon Quest III noch besser als seine beiden Vorgänger eine motivierende Aufwärtsspirale, aus der es für uns kein Entkommen gibt. Auch unter technischen Gesichtspunkten überflügelt der dritte Serienteil die ersten beiden Episoden der Reihe. So wirkt das Zusammenspiel zwischen den wirklich hübschen 16-Bit-Hintergründen und den Charakteren auf uns noch angenehmer.

Lediglich bei so manchem Monster im Kampfbildschirm fällt die Mobile-Herkunft der Nintendo-Switch-Fassung unangenehm auf. So toll das Design von Manga-Künstler Akira Toriyama auch ist, so sehr fehlen uns Animationen und das Angleichen an die Retro-Grafik, auch wenn dies im dritten Ableger nicht mehr ganz so unangenehm auffällt. Absolut fantastisch ist hingegen der Soundtrack von Komponist Kōichi Sugiyama, der seine Werke aus dem ersten und zweiten Teil bei Weitem übertrifft. Sugiyama gelingt es mit sowohl fröhlichen und sanften als auch bedrohlichen und heftigen Musikstücken jede Stimmungslage hervorragend einzufangen. Dragon Quest III gehört zu den besten Ablegern der Serie und ist damit Pflichtprogramm für jeden Rollenspieler!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Wer die inhaltlich zusammengehörenden ersten drei Teile von Dragon Quest in chronologischer Reihenfolge nach dem Veröffentlichungsdatum spielt, wird sofort die immense Entwicklung bemerken, die die Reihe und damit auch das Genre der japanischen Rollenspiele Ende der 1980er-Jahre definierte. Mit Dragon Quest III: The Seeds of Salvation ist Chunsoft einer der besten Serienteile gelungen. Nach anfänglichen Bedenken macht es mir nichts mehr aus, mit weitgehend charakterlosen Helden durch die Lande zu ziehen, denn überall erlebe ich kleinere Geschichten in einer Welt, die bei genauerem Hinsehen tatsächlich atmet. Dies motiviert mich ungemein, bei einem wunderschönen Grafikstil und einer fantastischen Soundkulisse alle Königreiche zu besuchen und jeden noch so unscheinbaren Dungeon bis in die entlegensten Winkel zu erforschen. Hinzu kommen tausende Zufallskämpfe, die durch die leichte Programmierbarkeit meiner Mitstreiter noch sehr viel schneller, actionreicher und sogar spannender ablaufen, als wenn ich mich um alle Aktionen selbst kümmern würde. Dragon Quest III gehört damit unweigerlich zu den besten Rollenspielen aller Zeiten und sollte deshalb von jedem einmal gespielt werden.