Sky Oceans: Wings for Hire – TEST

Mit dem an japanische Rollenspieltugenden angelehnten Sky Oceans: Wings for Hire möchten die Octeto Studios in die Fußstapfen großer Namen wie Skies of Arcadia treten. Der kunterbunte Anime-Stil trübt aber nicht über stumpfes Gameplay und die maue Technik hinweg.


Fragt ihr GameCube-Fans nach dem besten Rollenspiel auf der würfelförmigen Konsole, so bekommt ihr hauptsächlich drei verschiedene Antworten. Beinharte Nintendo-Fans schwören auf Paper Mario: Die Legende vom Äonentor. Fans besonderer Artstyles empfehlen hingegen Tales of Symphonia. Wahre Connaisseure sprechen sich vermutlich für Skies of Arcadia Legends aus, das zuvor bereits auf Segas Dreamcast für Furore sorgte. Während das zweite Abenteuer des Klempners in Papierform in einer durchaus gelungenen Neuauflage und das fünfte Spiel der Tales-of-Reihe in einer immer noch spielbaren Form auf der Switch verfügbar ist, warten Rollenspieler vergeblich auf die Rückkehr von Skies of Arcadia.

Dass diese Lücke unbedingt gefüllt werden muss, haben die Entwickler der Octeto Studios erkannt und sich an die Arbeit eines von besagtem Sega-Rollenspiel und weiteren japanischen Genrevertretern inspirierten Werks gemacht. Bei diesem Unterfangen ging jedoch so ziemlich alles schief, was nur verkehrt laufen kann. So dürfte Sky Oceans: Wings for Hire genauso wie Cyber Ops, das Erstlingswerk des Entwicklungsstudios, auf kurz oder lang in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Bedauerlich ist das deshalb, da das Anfang Oktober 2024 veröffentlichte Rollenspiel reichlich Potenzial bietet, das aber leider an allen Ecken und Enden verspielt wird.

Lahme Präsentation

In Sky Ocean: Wings for Hire schlüpfen wir in die Rolle des Luftpiraten Glenn, der auf der Suche nach Ruhm ist und sich im Verlauf der Geschichte mit der Allianz anlegt. Unterstützung erhält er von seiner Freundin Fio Plume, die ihren Traum, eine waschechte Pilotin zu werden, bereits erreicht hat. Ren Hoss und Mica Pillory sind ebenfalls Piloten, welche die Truppe tatkräftig unterstützen. Damit die Luftjets der Gruppe stets gewartet sind, werkelt in der Basis Mechaniker Alfred Kaehl an den Maschinen herum. Ihr seht schon: Weder die Story noch die Charaktere sind sonderlich tiefgründig und eher Mittel zum Zweck.

Selbiges betrifft auch die Dialoge, die recht oberflächlich bleiben und uns mit einfachen Worten vermitteln, was wir als nächstes zu tun haben. Entsprechend seicht fällt auch die Präsentation von Sky Oceans: Wings for Hire aus. In seltenen Fällen gibt es Zwischensequenzen, die ein wenig an Comicstrips erinnern. Auch in diesen sind die Charaktere aber nur spärlich animiert. Hinzu kommt, dass es keine Sprachausgabe gibt. Während das Fehlen von vertonten Texten in den Dialogen im Spiel selbst noch verschmerzbar wäre, ist dieser Umstand bei dieser Art der Präsentation einfach nicht mehr zeitgemäß. Handlung, Protagonisten und Dialoge sind also nichts weiter als schnödes Zierwerk. Beim durchschnittlichen Gameplay sieht es nicht besser aus.

Maues Gameplay

Bewegen wir uns in den Städten von Sky Oceans: Wings for Hire von einem Zielort zum anderen, fühlt sich der Titel noch am ehesten wie ein traditionelles Rollenspiel an. Wir reden mit verschiedenen Nicht-Spieler-Charakteren, erkunden die Gegend, entdecken Schatztruhen und decken uns bei Händlern mit neuer Ausrüstung für die Luftjets ein. Verlassen wir jedoch die sicheren Häfen und düsen durch die Lüfte, kommt das wahre Ausmaß des lahmen Gameplays zum Tragen. Ständig sammeln wir irgendwelchen in der Luft schwebenden Kram ein, schießen auf riesige Schatztruhen oder starten einen rundenbasierten Kampf, indem wir Geschosse auf Gegner abfeuern.

Schon der erste Kampf ist auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad derart unausgewogen, dass wir am liebsten den Pro Controller wütend an die Wand pfeffern wollen. Als Aktionen stehen uns normale Angriffe, diverse Spezialfähigkeiten, ein Ausweichmanöver oder der Rückzug zur Auswahl. Selbst wenn wir klug agieren, die Gegner mit Eisgeschossen verlangsamen oder unseren Luftjet beschleunigen, hilft das nicht viel. Die Feinde weichen oft aus oder treffen uns dennoch. Benötigen wir zu Beginn mit Glenn und Fio mindestens drei Runden, um einen Gegner zu pulverisieren, agieren die Feinde ebenso clever und schießen einen unserer Helden schon in der zweiten Runde ins Nirwana – immer und immer wieder!

Veraltete Technik mit vielen Macken

Gerade auf die Kämpfe haben wir uns im Vorfeld sehr gefreut, gehören die Luftschiffschlachten im offensichtlichen Vorbild doch zu den spielerischen Highlights. Sky Oceans: Wings for Hire ist aber nicht nur spielerisch weit davon entfernt, das Erbe des Sega-Rollenspiels anzunehmen. Auch technisch hinkt der Titel dem Fortschritt hinterher. Allen voran wäre da die hakelige Steuerung zu nennen. Können wir uns mit der überempfindlichen Bedienung beim Laufen noch arrangieren, macht das Fliegen mit den Luftjets absolut keinen Spaß. Es kommt kein Gefühl für Geschwindigkeit und Kontrolle auf.

Selbst optisch gibt es am Spiel viel zu mäkeln. So fallen die Umgebungen und architektonischen Elemente viel zu simpel aus und erinnern in ihren besten Momenten eher an Wii- oder 3DS-Spiele. Auch sind die Texturen oft recht matschig. Dies ist aber kein Problem, das nur die Switch-Version betrifft. Auch auf den anderen Plattformen hat das Spiel offenbar mit diesen Defiziten zu kämpfen. Auf der Switch kommen jedoch unschöne Einbrüche in der Framerate und mittellange Ladezeiten hinzu, was das Gesamtbild noch mehr schmälert als es ohnehin schon ist. Wer sich trotz unserer Warnungen dennoch auf den Titel einlassen will, muss also schmerzunempfindlich sein. Besorgt euch lieber Skies of Arcadia (Legends) für den GameCube oder den Dreamcast, denn das Spiel ist alles, was Sky Oceans: Wings of Hire definitiv nicht ist: Ein traumhaftes Rollenspiel!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Tatsächlich habe ich mich im Vorfeld sehr auf Sky Oceans: Wings for Hire gefreut. Natürlich war mir klar, dass das Rollenspiel niemals an das meiner Meinung nach erstklassige Vorbild aus dem Hause Sega heranreichen würde, doch wie weit beide Werke schlussendlich auseinander liegen würden, hätte ich nun auch wieder nicht gedacht. Über die eintönige Handlung, die wenig ausgebauten Charaktere und nicht sonderlich tiefgründigen Dialoge kann ich noch am ehesten hinwegsehen. In Anbetracht vieler genial erzählter Rollenspiele ist dies ein Aspekt, der für Entwickler zunehmend schwieriger zu bewerkstelligen sein wird. Beim Gameplay erwarte ich dann aber schon, dass dieses überzeugen kann – oder zumindest funktioniert. Sky Oceans: Wings for Hire verspielt hier reichlich Potenzial, denn die Aufgaben sind mühselig und die Kämpfe unausgeglichen. Hinzu kommen eine hakelige Steuerung und eine veraltete visuelle Präsentation, die mir das letzte Fünkchen Spielspaß rauben. Unterm Strich wirkt das Spiel so, als sei es überambitioniert in zu kurzer Zeit entwickelt und unfertig auf den Markt geworfen worden. Damit ist Sky Oceans: Wings for Hire nichts weiter als eine Zumutung für jeden Genrefan.