Starlight Legacy – TEST

Wer in den 1990er-Jahren mit dem Rollenspielgenre aufgewachsen ist, wird sich an rundenbasierte Kämpfe, schnell auf den Punkt kommende Dialoge und stetes Optimieren der Heldengruppe nostalgisch erinnern. Starlight Legacy ist eine wahrhafte Hommage an diese Zeit.


Starlight Legacy von Entwicklerstudio Decafesoft bringt zahlreiche Erinnerungen an das goldene Zeitalter der japanischen Rollenspiele zurück. Das ist auch kein Wunder, denn hinter Decafesoft steckt nur ein einziger Entwickler aus Tōkyō, der das Genre wie seine eigene Westentasche kennt und es in den 1990er-Jahren regelrecht inhaliert haben muss. Ungewöhnlich mag hierbei der Pokémon-Einschlag erscheinen, der einem sofort ins Auge springt, sich aber vor allem auf die Struktur der Spielwelt bezieht. Als junger Bursche Ignus leben wir einfach in den Tag hinein, um Magie zu studieren.

Dass wir damit jedoch nichts zum Haushaltseinkommen beitragen, ist unserer Mutter ein Dorn im Auge. Also sollen wir mit unserem Freund Teryl zur Hauptstadt aufbrechen, ihm bei seinem Botengang für den König zur Seite stehen und selbst zu einem Kämpfer werden, um den Frieden auf der Welt zu bewahren. Durch die Entführung der Prinzessin kommt die Handlung kurze Zeit später erst richtig ins Rollen, denn dann werden uns schrittweise die politischen Differenzen zwischen den Regionen von Evaria offenbart. Auch düstere Mächte scheinen im Hintergrund ein Interesse daran zu haben, die Welt ins Chaos zu stürzen. Zusammen mit Teryl und Frida, die sich der Gruppe früh im Spiel anschließt, bereisen wir die Welt und suchen nach den titelgebenden Sternenlichtrelikten.

Gleichrangige Helden

Wie für Rollenspiele der frühen und teils auch späten 1990er-Jahre fungiert die Geschichte eher als Mittel zum Zweck. In den Dialogen von Starlight Legacy, die bis auf ein paar unverständliche Ausrutscher recht passend ins Deutsche übersetzt wurden, geht es häufig humorvoll, aber niemals übertrieben lustig vor sich. Zudem sind die Gespräche kurz und knackig, wodurch sich ein ziemlich guter Spielfluss bildet. In den Dörfern und Städten der Spielwelt, die wie in Pokémon mit Routen durch Wälder und Höhlen miteinander verbunden sind, rüsten wir uns mit neuen Waffen aus oder erwerben Zaubersprüche, die Ignus, Teryl und Frida lernen können.

Einschränkungen gibt es hierbei allerdings nicht, weshalb sich die Charaktere diesbezüglich nicht wirklich anders spielen. Haben wir uns einmal eine Taktik überlegt, können wir wie in Final Fantasy VI regelrechte Angriffsmonster schaffen, gegen die kaum ein Gegner eine Chance hat. Etwas schade ist dies schon, da selbst die Fähigkeiten, welche die Recken lernen, ebenso dieselben sind. Auch gibt es hier ein paar Balancing-Probleme im Rahmen des Schwierigkeitsgrads. Nutzen wir in Starlight Legacy mit Ignus einen Drehangriff, der alle Gegner pulverisiert, kostet dies keine Magiepunkte. Das Beschwören eines Monsters, das einen einzelnen Gegner einschläfern soll, zerrt hingegen stark an unseren magischen Kräften.

Abgekupferter, aber motivierender Spielweltaufbau

Nichtsdestotrotz macht das japanische Rollenspiel trotz seiner Makel mit seiner Mischung aus Erkunden und Kämpfen sehr viel Spaß. Überall auf den Routen wie verschneiten Bergpässen, staubtrockenen Wüstentälern oder malerischen Stränden finden wir Schatztruhen, die hilfreiche Items beinhalten. Hin und wieder erreicht das Erkunden jedoch seine Grenzen, denn Steine oder Wasserstellen versperren auch schon mal die Wege. Um diese Hindernisse zu überwinden, benötigen wir erst einmal Hammer und Floß, die wir im Verlauf der Story erhalten. Wer jetzt an die versteckten Maschinen wie in der Pokémon: Kristall-Edition denkt, darf genüsslich schweigen!

Wir finden diese mehr als deutliche Inspiration zu nah am Vorbild gehalten, was vor allem optisch an der Architektur der Spielwelt zu sehen ist. Trotzdem sorgt diese Designentscheidung dafür, dass wir auch in späteren Spielstunden an frühere Orte zurückkehren, um die verbliebenen Schatztruhen aufzuknacken. Ebenso wenig werden wir in Starlight Legacy mit Nebenquests erschlagen, wie es inzwischen in nahezu allen Rollenspielen üblich ist. Stattdessen treffen wir nur in seltenen Fällen auf Menschen in Not. Unter anderem sollen wir zwei Schwestern wieder vereinen, die durch das Auftauchen eines Monsters voneinander getrennt worden sind. Kleinere Belohnungen motivieren, die wenigen Quests abzuschließen.

Flotte, aber teils zu harte Kämpfe

Ebenso gefällt das flotte Kampfsystem, bei dem wir rundenbasiert für die ganze Gruppe Befehle erteilen. Je nach Geschwindigkeitswert führen unsere Helden ihre Angriffe in einer vordefinierten Reihenfolge aus. Selbiges gilt auch für die Monster. Kommen wir mit normalen Angriffen nicht weit, sollten wir Zaubersprüche entfesseln, mit denen sich womöglich die eine oder andere Schwachstelle aufdecken dürfte. Im Gegensatz zu anderen Genrevertretern müssen wir in Starlight Legacy aber außerhalb der Kämpfe entscheiden, welche vier Zaubersprüche unsere Helden im Kampf vorbereitet haben.

Da wir jederzeit speichern können und wir euch das auch empfehlen möchten, habt ihr aber gerade bei Bosskämpfen wunderbar die Möglichkeit, zu experimentieren, welche Magie besonders effektiv ist. Das Tolle an den Zaubern ist zudem, dass wir sie auf Knopfdruck wie in Lufia II: Rise of the Sinistrals auch auf alle Monster hetzen können – sie richten dann eben nur ein Bruchteil des eigentlichen Schadens an. Trotz allem ist an dieser Stelle erneut auf den unausbalancierten Schwierigkeitsgrad hinzuweisen, denn kaum haben wir es geschafft, den Gegnerhorden in einem Gebiet Herr zu werden, fallen diese im nächsten Areal teils zu hart aus. Zudem sind die Monstergruppen in den Tempeln der Spielwelt recht groß und schrecken nicht davor zurück, Soforttodzauber auf uns zu sprechen.

Tolle Hommage mit viel Nostalgie

Ein weiteres Manko könnte für den einen oder anderen Spieler sein, dass wir nur langsam im Level aufsteigen. Das ist offenbar auch dem Entwickler von Starlight Legacy aufgefallen, der dem Spiel einen Erfahrungspunkte-Multiplikator spendiert hat, welcher über das Optionsmenü jederzeit über einen Regler modifiziert werden kann. Wir können euch also nur empfehlen, direkt von Anfang an die Ausschüttung an Erfahrungspunkten zu verdoppeln, da der Spielfluss davon maßgeblich profitiert. Da wir bei jedem Stufenaufstieg allerdings komplett geheilt werden, müssen wir dann auch nicht mehr so häufig unsere Gruppe heilen, was etwaige Items fast schon obsolet macht.

Bugsieren wir uns dennoch mal in eine ausweglose Lage und können uns aufgrund fehlender Heilgegenstände oder leerer Magiekapazität nicht mehr heilen, können wir die Zufallskämpfe über die Optionen auch abschalten, sodass wir unbesorgt in die letzte Stadt zurückkehren dürfen. Im Menü können wir auch die Dialogfensterfarbe verändern, sodass der Titel passend zum Pixel-Stil mit blauen Gesprächsboxen an die ersten Episoden von Final Fantasy erinnert oder mit schwarzen Fenstern wie das Urgestein Dragon Quest wirkt. Durch diese zahlreichen Anspielungen funktioniert Starlight Legacy trotz kleinerer Defizite als Hommage wirklich ausgezeichnet und dürfte einen jeden Fan von 8- und 16-Bit-Rollenspielen von Beginn an in den Bann ziehen und dann stundenlang nicht mehr loslassen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Für mich ist es immer wieder schön, wenn ich ein bewusst als Retro-Titel konzipiertes Rollenspiel erlebe, das sich an inhaltlichen wie visuellen Mechaniken orientiert, mit denen ich als Kind und Jugendlicher aufgewachsen bin. In solchen Fällen muss ich die rosarote Nostalgiebrille auch nicht abnehmen, da Entwicklerstudio Decafesoft genau das bei der Zielgruppe erreichen will. Starlight Legacy ist eine wunderbare Zeitreise in die 1990er-Jahre, in denen japanische Rollenspiele noch nicht so überladen waren. Es ist ein geradliniges, in Dialogen auf den Punkt kommendes und flottes Rollenspiel, das klar Ideen von anderen Werken abkupfert, diese aber hervorragend miteinander vermischt. Natürlich hat auch Starlight Legacy Probleme wie die gelegentlich holprige deutsche Übersetzung oder die zu ähnlich spielbaren Charaktere. Ebenso ist mir der teils unausbalancierte Schwierigkeitsgrad ein Dorn im Auge, doch verzeihe ich dies gern, zumal Decafesoft über das Optionsmenü Abhilfe wie einem Erfahrungspunkte-Multiplikator schafft. Daraus entstehen dann aber wieder neue Probleme wie fast schon obsolete Heilgegenstände. Könnt ihr über solche vermeidbaren Defizite hinwegsehen, steht der nostalgischen Zeitreise in die Zeit der 8- und 16-Bit-Rollenspiele mit Starlight Legacy nichts mehr im Weg!