The Legend of Zelda: Breath of the Wild – TEST
The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist Nintendos bisher größtes Spiele-Projekt und gleichzeitig das stärkste Zugpferd zum Launch der Nintendo Switch. Kein Wunder, dass nicht nur die Fans, sondern auch Nintendo selbst ein gewisses Interesse am Erfolg von Links neustem Abenteuer hegt.
Dass die Leute von einem neuen Hauptteil der The-Legend-of-Zelda-Reihe auch heute noch euphorisch begeistert werden, ist nicht selbstverständlich. Während The Legend of Zelda: Twilight Princess für viele nur ein sehr guter, aber trockener Aufguss von The Legend of Zelda: Ocarina of Time war, hat vielen The Legend of Zelda: Skyward Sword von der Steuerung bis hin zur Grafik nicht wirklich zugesagt. Trotz Nintendos aktuell schwacher Heimkonsolen-Präsenz, gewann mit Breath of the Wild ausgerechnet ein Wii-U-Spiel den Preis für das beste Spiel der E3 2016. Sehr wahrscheinlich liegt das an der grundlegenden Neuorientierung, die das The-Legend-of-Zelda-Feeling durch eine beeindruckende Freiheit ausdrücken will. Zwar bot in gewisser Hinsicht auch schon The Legend of Zelda auf dem Nintendo Entertainment System eine richtig offene Spielwelt, heutzutage sind Open-Word-Spiele aber populärer denn je.
Der Aufstieg beginnt
Unser junger Held erwacht nach einem hundertjährigen Schönheitsschlaf inmitten eines vom Krieg gebrandmarkten Hyrule, abermals die Spielwelt von Breath of the Wild. Während seines Schlafes hat Ganon einmal mehr die Macht im Land an sich gerissen. Link darf die Suppe wieder auslöffeln – wenn wir eine Herausforderung suchen, könnten wir allerdings direkt nach dem Tutorial den Kampf mit Ganon aufsuchen. Die offene Spielstruktur lässt uns nicht nur Freiheiten beim Gameplay und Erkunden, sondern weitert sie in diesem Punkt auch auf die Erzählung aus – ein cooles Konzept!
It‘s dangerous to go alone!
Alle Normalsterblichen werden sich allerdings auf das umfangreiche Abenteuer einlassen und Kräfte sowie Verbündete in ganz Hyrule sammeln, um dem Kampf gegen Ganon gewachsen zu sein. Im bisher größten Hyrule gibt es einiges zu entdecken. Nintendo hat verstanden, dass auch die größte und schönste Welt uninteressant und reizlos bleibt, solange der Spieler keine Motivation hat, diese zu erkunden. Deswegen gibt es Massen an optionalen Herausforderungen und Nebenquests zu lösen, sowie Geheimnisse zu lüften. Denen wich das klassische Konzept der Dungeons, in denen es hauptsächlich um das Lösen von größeren Rätselkomplexen ging. Zwar gibt es Schreine, die sich auf Rätsel spezialisieren, Nintendos Fokus lag allerdings darauf, die offene Welt eher mit kleineren Herausforderungen aller Art zu füllen.
Auch der Umgang mit den typischen Items ist neu. Schon im Tutorial bekommen wir alle relevanten Gegenstände in Form von Modulen, um die Spielwelt für uns zu erschließen. Dazu gehören Bomben, ein Stasis-Modul sowie ein Magnet, mit dem wir metallene Gegenstände kontrollieren können. Items wie der Bogen oder der Bumerang zählen jetzt zu klassischen Kampf-Gegenständen. Das Thema der Module dreht sich um physikalische wie chemische Phänomene. Viele Rätsel finden Konzepten wie Schwerkraft, Magnetismus, Temperaturunterschiede oder den Wind gewieft ein. Möglich wird das auch durch die tolle Physik-Engine, die auf jeden Fall für einige Überraschungen sorgen wird.
Die Gefahren der Wildnis
Breath of the Wild orientiert sich in wesentlichen Punkten an Rollenspielmechaniken. Zwar gibt es keine Erfahrungspunkte und Levelanstiege, dafür besitzen Waffen und Ausrüstungsgegenstände erstmals Statuswerte und auch normale Gegner Lebensbalken. Das Spiel schmeißt uns allerdings keine Tabellen voller Attribute und Zahlen um die Ohren – Nintendo hat darauf geachtet, dass der Tiefgang anderweitig gesichert wird. Zum Beispiel mit farbenfrohen Stausveränderungen und dem geschickten Umgang mit den Ressourcen Leben und Ausdauer. Auch von Waffen gibt es erstmalig eine große Bandbreite, die sich allesamt sehr unterschiedlich spielen. Ständig werden wir animiert, etwas Neues auszuprobieren.
Das liegt allerdings auch an der spürbar kurzen Waffenhaltbarkeit. Die meisten Waffen und Schilde segnen nach ein paar Hieben das Zeitliche, in dem Zusammenhang machen auch die anfangs sehr limitierten Inventar-Slots Sinn. Notfalls können wir unsere Gegner auch mit Kochlöffeln bewerfen, zum Überleben ist uns jedes Mittel recht und die Spielwelt legt uns die unterschiedlichen Möglichkeiten manchmal regelrecht in den Schoß. Der ungewohnt hohe Schwierigkeitsgrad erinnert uns daran, dass Rückzug nicht immer die schlechteste Wahl ist. Viele Gegner ziehen mit ein bis zwei Schlägen mehr Herzen ab, als Link lieb ist. Schlau und flink sind die Gegner auch und viele besitzen eine große Bandbreite an Verhaltensmustern. Zum Glück hat das Ableben wenig Konsequenzen. In regelmäßigen Abständen speichert das Spiel selbstständig ab, sodass wir selten mehr als eine Minute Spielzeit verlieren.
Ein weites Feld
Im Mittelpunkt von Breath of the Wild steht eindeutig die gigantische Spielwelt und die Interaktion mit dieser. Das neue Kletter-Feature erlaubt Link, auch noch so steile Abhänge zu bezwingen. Die enormen Freiheiten werden nur durch die Natur selbst eingeschränkt. Extreme Klimaveränderungen kann Link nur mit spezieller Ausrüstung oder scharfen und somit innerlich wärmenden Mahlzeiten standhalten. Gigantische Wassermassen oder hohe Berge überwindet er so schnell auch nicht, denn die sehr begrenzte Ausdauer schiebt ungebremsten Kletterpartien oder Schwimmausflüge schnell den Riegel vor. Wählen wir allerdings geschickte Kletterrouten mit genügend Absätzen oder haben Ausdauertränke dabei, können wir so ziemlich jedes Fleckchen Erde unter Hyrules Himmel erkraxeln. Ein tolles Gefühl, das perfekt zur offenen und wilden Grundstimmung des Spiels passt.
Eine kulinarische Reise
Ebenfalls frisch ist das Loot-System. Hyrule ist reich an natürlichen Nutzpflanzen und Tieren, deren Rohstoffe Link am nächsten Lagerfeuer zu Heilgegenständen und Medizin verarbeitet. Experimentierfreude wird mit besonders effektiven Gerichten belohnt. Dieses Feature wird deswegen zur Pflicht, weil Nintendo gnadenlos Herzen aus dem hohen Gras entfernt hat, die in früheren Serienteilen Links Lebensenergie regenerierten. Ein voller Magen hat allerdings dieselbe heilende Wirkung, zum Glück ist Link nicht wählerisch und isst im Notfall das Fleisch roh und die Schnecken lebendig. Auch Herzteile gehören der Vergangenheit an, was wir irgendwie schade finden. Besonders in der offenen Welt hätte die Suche nach diesen sehr wichtigen Gegenständen noch einmal einen ganz neuen Stellenwert eingenommen. Rubinfunde im grünen Grase sind ebenfalls eine Seltenheit, weswegen es sich empfiehlt, Materialien und die Hinterlassenschaften der Gegner bei Händlern zu verhökern. Terri macht euch einen guten Preis, leider erinnern uns die Struktur und Geschwindigkeit von Menü- und Dialogebenen noch an die alten The-Legend-of-Zelda-Teile und erfordern durchaus etwas Geduld.
Mundfaule Weggefährten
Dafür wurden die Hylianer und andere Rassen, die wir während unserer Reise treffen, auch im Deutschen sehr gut lokalisiert und sorgen durch ihre offene und herzliche Art zu sprechen nicht selten für Schmunzler. Die nächste Nintendo-Revolution, die Sprachausgabe, funktioniert ebenso wunderbar. Der Einsatz erfolgt punktiert und damit hauptsächlich während wichtigen Story-Sequenzen. Ansonsten müssen wir mit den vertrauten Textboxen vorliebnehmen. In den finsteren Zeiten spielt sich das soziale Leben hauptsächlich in den sicheren Siedlungen und Dörfern ab. Diese versprühen dafür ein heimeliges Ambiente, sodass wir manchmal gar nicht mehr weiterziehen wollen. Zahlreiche Nebenquests finden wir dort auch. Die meisten beschränken sich zwar auf simple Hol- und Bring-Beschäftigungen, trotzdem sind sie immer interessant genug verpackt, sodass sie uns stets Spaß machen.
Über Stock und Stein
Auch Links Füße werden irgendwann einmal müde, weswegen er sich Wildperde schnappen und einreiten kann. Haben wir einmal die Kontrolle über das Tier gewonnen, gestaltet sich die Reise über offene Gebiete als sehr angenehm, woran die fantastische Weitsicht und die daraus resultierende Atmosphäre nicht ganz unbeteiligt ist. Leider ist es für ein Pferd immer leichter einen Berg hinauf, als hinunter zu galoppieren. Das endet ab und an in nervigen Manövrier-Partien, wenn unser Vierbeiner mal wieder an irgendeiner Kante festhängt. Ansonsten gibt es eine praktische Schnellreisefunktion, die uns jederzeit zu bereits besuchten Schreinen teleportiert.
Grafisch orientiert sich das Spiel stark am bunten Stil der Serienteile Skyward Sword oder The Wind Waker und ist sich deswegen nicht zu schade, die gesamte Palette satter Farben auf den Bildschirm zu ergießen. Ein paar unreife Texturen sind egal, wenn die Gesamtkomposition ein so stimmiges und atmosphärisches Bild erzeugen, wie in Breath of the Wild. Die Immersion wird nur von sporadischen Einbrüchen der Bildwiederholungsrate unter die magischen dreißig Bilder pro Sekunde gestört, die zeitweise das Erlebnis auf der Switch im TV-Modus negativ beeinflussen. Im Handheld-Modus ist das Erlebnis dank niedrigerer Auflösung ein flüssigeres.
Der Klang der Wildnis
Auch der Soundtrack fängt das Grundthema Wildnis perfekt ein. Die längste Zeit ist die Natur selbst der Klangkörper, der mit sanften Windböen, raschelndem Gras und Vogelgezwitscher die Natur direkt in euer Wohnzimmer holt. Erst wenn dann tatsächliche Instrumente den Klangteppich aus neuen und bekannten Melodien erweitern, wird klar, wie effektiv ein solch reduzierter Musikeinsatz sein kann. Das lässt sich auf Breath of the Wild im Ganzen übertragen: Aus dem Zusammenspiel klassischer Elemente und den zahlreichen Innovationen, wird noch einmal ganz neues Potential für das The-Legend-of-Zelda-Franchise geschöpft und gleichzeitig die Spieler daran erinnert, was sie an der Reihe so toll finden. Genau deswegen ist Breath of the Wild so fantastisch!
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist ein grandioses Spiel, das zeigt, wie wandelbar die Reihe und gleichzeitig auch Nintendo ist. Am besten finde ich den gestiegenen Schwierigkeitsgrad, der mich dazu zwingt, mich mit der Spielumgebung und seinen Features auseinanderzusetzen. Kleine Macken hier und da hat natürlich auch dieses Spiel, wer sich an diesen aufreibt, hat aber noch ganz andere Probleme. Eine grundsätzliche Abneigung gegen Open-World-Spielen sollte man allerdings nicht haben – auch wenn Nintendo eigene Komponenten verbaut hat, besitzt Breath of the Wild mit massig Sammel-Items, gewissen Laufstrecken und Loot- und Crafting-Systemen immer noch dessen Charakteristika. Unserer Meinung nach passen diese aber zum Franchise wie die Faust aufs Auge, denn der The-Legend-of-Zelda-Spririt geht zu keiner Zeit verloren. Genau so müssen neue Einträge in etablierte Spielereien aussehen.
Das Spiel ist wunderbar und hat die guten Bewertungen auch voll verdient. Meine Kritikpunkte sind aber dann auch, dass man einige wichtige Zelda-Elemente entfernt hat. Die vier großen Dungeons sind vom Aufbau her ziemlich identisch. Hier hätte ich mir mehr einen Wassertempel, einen Feuertempel, einen Waldtempel usw. gewünscht. Auch die Anzahl von vier (bzw. fünf) halte ich für zu wenig. Bei Majora’s Maks hatte mich das irgendwie weniger gestört, aber hier schon. Evtl. weil ich die Dungeons in Breath of the Wild für zu einfach aufgebaut halte und auch zu identisch sind. Da waren die Dungeons in älteren Zelda Spielen schon in einer ganz anderen Liga. Sogar die Endbosse ähneln sich in Breath of the Wild viel zu sehr. Wer erinnert sich nicht noch an die ganzen Endbosse in Ocarina of Time, wie die Spinne im Waldtempel, den Drachen im Feuertempel oder der Bongo-Spielende Endboss. And die Bosse in Breath of the Wild werde ich mich nicht erinnern.
Auch stört es mich ein wenig, dass man die einzigartigen Items aus den Dungeons entfernt hat. Für mich war in früheren Teilen immer das Größte, wenn ich dann endlich den Enterhaken oder den Bogen aus den Truhen bekommen hat. Das fehlt mir dann doch schon ziemlich hier.
Dass ich die Schreine nach einer Weile recht eintönig finde kommt noch dazu. Ich verstehe den Sinn davon, dass es auch dazugehört, den Schrein auch tatsächlich zu finden. Aber wenn man den Schrein dann gefunden hat, gibt es ein wenige Minuten langes Rätsel und dann geht’s zum nächsten. Das hätte ich auch etwas anders gelöst. Vielleicht auch, dass man am Ende von jedem Schrein ein Herzteil oder Ausdauer bekommt und man nicht immer nur einen Punkt aufgerechnet bekommt, die man dann gegen Herzteile oder Ausdauer tauschen kann. Wäre es festgelegt, was man in dem Schrein bekommt, wäre es noch etwas aufregender, welches Item wohl in dem Schrein auf mich wartet und es wäre ein Überraschungseffekt dabei. Würde man dann in manchen Schreinen ein ganzes Herz bekommen, könnte man auch in anderen Schreinen vielleicht nur 100 Rubine (sozusagen die Niete) bekommen.
Auch wenn ich schon 105 Stunden in Breath of the Wild gesteckt habe und es wunderbar finde, es bleiben dann doch einige negative Punkte für mich übrig. Vielleicht macht Nintendo es ja damals wie mit Majora’s Maks und bringt eine direkte Fortsetzung und hat dann mehr Zeit für mehr Abwechslung.
Super Artikel! Fasst das Spielkonzept perfekt zusammen ohne zu spoilern. (Vorsicht an die Lesesr bei Tingles Kommentar.)
Und macht Spaß zu lesen, obwohl man das Spiel selbst seit dem 3.3. spielt. ^^ Dickes Dankeschön an die NMag für eure Beiträge.