Marvel vs. Capcom Fighting Collection: Arcade Classics – TEST

Zu den japanischen Herstellern, die über die größten Archive an Fighting Games verfügen, gehört definitiv Capcom. Mit Marvel vs. Capcom Fighting Collection – Arcade Classics ist es einmal mehr an der Zeit, die Firmenhistorie aufzuarbeiten. Diesmal mit einem Marvel-Fokus.


Im deutschsprachigen Raum mag es sich wohl kaum jemand vorstellen können, doch in Japan gehören Arcade-Hallen immer noch zum festen Bestandteil der Großstädte. Dieses Phänomen hat es in Deutschland aufgrund gesetzlicher Richtlinien leider nie gegeben, doch können wir es durch die Marvel vs. Capcom Fighting Collection abermals nachvollziehen. Kaum haben wir ein Match gewonnen, stürzen wir uns schon in den nächsten Kampf. Verlieren wir, stellen wir uns gedanklich vor, eine Münze für die nächste Runde nachzuwerfen. In den 1990er-Jahren, als die Titel dieser Kollektion in den japanischen Arcade-Hallen aufgetaucht sind, wären wir bestimmt arm geworden.

Dabei fallen alle enthaltenen Fighting Games, selbst für Genrefans, unfassbar rudimentär aus. Schlimm ist das aber nicht, kommen wir so doch sehr schnell zum Kern der Sache: Schnelle und unproblematische Kämpfe, die auf einer zweidimensionalen Ebene der Arena ablaufen. Wir prügeln uns flott durch X-Men: Children of the Atom, Marvel Super Heroes, X-Men vs. Street Fighter, Marvel Super Heroes vs. Street Fighter, Marvel vs. Capcom: Clash of Super Heroes und Marvel vs. Capcom 2: New Age of Heroes. Je nachdem für welches Spiel wir uns entscheiden, kämpfen wir alleine gegen unseren Kontrahenten – oder zusammen mit Mitstreitern im Doppelpack beziehungsweise als Trio.

Actionreiches Gameplay

Wie könnte es auch anders sein, stehen in der Marvel vs. Capcom Fighting Collection Charaktere der beiden titelgebenden Unternehmen zur Verfügung. Je nach Spiel unterscheidet sich die Auswahl mehr oder weniger stark. Auf der Capcom-Seite können wir zum Beispiel in die Haut von Street-Fighter-Legende Ryū oder in die Rolle von Mega Man schlüpfen. Wollen wir hingegen die Marvel-Seite vertreten, stehen uns zum Beispiel Wolverine oder Spider-Man zur Verfügung. Die Auseinandersetzungen laufen rasant ab, was auch an den flüssigen Animationen liegt, wie sie gerade in den frühen 1990er-Jahren höchstens bei Arcade-Automaten möglich waren.

Soll heißen, dass wir uns – sobald wir die Tastenkombinationen verinnerlicht haben, um Moves einzusetzen –, einen flüssigen Schlagabtausch liefern können, sodass sowohl der Computergegner oder das menschliche Kanonenfutter neben uns auf der Couch große Augen machen dürften. Grafisch stechen die Arenen und die Kämpferriege mit bunten Farben hervor. Im Hintergrund laufen zumeist adrenalingetränkte Melodien, die unseren Puls gerade in brenzligen Situationen in die Höhe schnellen lassen. So etwas wie eine hanebüchene Story, womit das Genre gerade auf Konsolen bis heute wirbt, gibt es nicht wirklich. Wer sich auf die Sammlung einlässt, bekommt die vollständige Ladung Kampfspiel-Gameplay serviert.

Wartezeitüberbrückung für Online-Kämpfe

Habt ihr keine Mitspieler zur Hand, da all eure Freunde Banausen sind, die das Genre nicht zu schätzen wissen, oder ihr sie einmal zu oft pulverisiert habt, könnt ihr euch in den Weiten des Internets austoben. Online-Matchs finden in Form von Freundschafts- oder Ranglistenkämpfen statt. Während die Freundschaftskämpfe dazu dienen, sich gefahrlos in den Ring zu werfen, steht in den Ranglistenkämpfen hingegen unser Ruf auf dem Spiel. Hier müssen wir, beginnend auf der Stufe Rookie, in der Liga nach und nach aufsteigen. Sind wir besonders gut, können wir schon bald unseren Benutzernamen weit oben auf der Bestenliste wiederfinden.

Wollen wir ein Online-Spiel starten, können wir wählen, welche der sechs enthaltenen Titel wir spielen wollen und auch, ob die Spielersuche überregional durchgeführt werden soll. Anschließend können wir im Menü warten, offline weiterspielen oder die Wartezeit im Museum überbrücken, bei dem es sich um den Bonusbereich handelt. Hier können wir in einer Galerie 578 Artworks bestaunen oder in einer Jukebox die 250 enthaltenen Musikstücke anhören. Ebenso können wir eine Lobby erstellen, in der wir die Siegbedingungen personalisieren können, beispielsweise wie viele gewonnene Matchs bis zum Sieg notwendig sind. Nur Leute aus unserer Freundesliste können wir seltsamerweise nicht direkt herausfordern. Sehr schade!

Kuriose Designentscheidung

Technisch betrachtet werden die einstigen Arcade-Spiele, die sowohl in der englischen als auch japanischen Version wählbar sind, auf der Switch wirklich gut emuliert. Allerdings hat sich Capcom ein paar Designschnitzer erlaubt, die wir nicht so ganz nachvollziehen können. So müssen wir für jedes Spiel erneut festlegen, in welchem Format wir das Geschehen erleben möchten. Auch müssen wir, sollten wir den voreingestellten Rahmen für das originale Bildformat links und rechts nicht mehr sehen können, diesen bei jedem einzelnen Spiel deaktivieren. Selbiges betrifft die Scanlines, die der Grafikfilter simuliert und uns ein Gefühl für die Spielhalle geben soll. Dass die Möglichkeit besteht, ist zwar durchaus löblich, aber warum die Einstellungen nicht gleich für die gesamte Marvel vs. Capcom Fighting Collection gespeichert wird, ist uns ein Rätsel.

Toll finden wir allerdings, dass wir bei jedem Spiel die originale Anleitung sowie eine Move-Liste einsehen können. Gerade Anfänger oder Genreneulinge werden so zumindest etwas an die Hand genommen, auch wenn die Lernkurve dennoch steil bleiben dürfte. Ebenso können wir jederzeit das Spiel speichern oder einen alten Spielstand laden. Hinzu kommen etliche Kämpferauszeichnungen, die wir für erfüllte Aufgaben wie das Finden des versteckten Bereichs in der Stage Chaos Dimension erhalten. Zu guter Letzt enthält die Kollektion als kleines Schmankerl noch The Punisher. Hierbei handelt es sich zwar um ein allerhöchstens solides Beat ’em up, das etwas Abwechslung in die Sammlung bringt.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Fighting Games sind ein Genre, das heutzutage prozentual gesehen sicherlich nicht mehr so viele Anhänger hat, wie es noch vor ein paar Jahrzehnten der Fall war. In zahlreichen Neuauflagen wie Zusammenstellungen erlebt die Videospielkategorie auf der Switch und anderen Plattformen einen zweiten Frühling. Die Marvel vs. Capcom Fighting Collection – Arcade Classics punktet mit sechs Klassikern, die bis auf ein paar weniger gelungene Abweichungen im Gameplay wie zu hohen Sprüngen und ein damit einhergehendes unschönes Verschieben des Bildschirmausschnitts, allesamt wirklich viel Spaß machen. Das liegt vor allem daran, dass die emulierten Spiele wie in ihrer originalen Arcade-Version unfassbar flott laufen. Dadurch, dass die Charaktere in ihren Bewegungsabläufen ebenso flüssig dargestellt sind, funktioniert das noch sehr viel besser. Auch wie der Online-Modus mit der Wartezeit aufgebaut ist, gefällt mir sehr – hiervon können sich andere Unternehmen für ihre Spiele eine Scheibe abschneiden. Im Großen und Ganzen ist die Marvel vs. Capcom Fighting Collection gelungen. Seid ihr Genrefans oder mögt das alte Design von Marvel-Charakteren und wollt diese nochmals in Aktion erleben, könnte die Kollektion einen Blick wert sein. Ihr solltet euch allerdings darauf einlassen können, dass sich die Spiele voll und ganz aufs Gameplay konzentrieren und keinen Raum für eine Story oder dergleichen lassen. Neulinge stehen zudem vor einer sehr steilen Lernkurve.