Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers – TEST

Survival-Horror erfreut sich seit Jahren wieder einer erhöhten Beliebtheit. Resident Evil ist erfolgreicher denn je, Marken wie Dead Space feiern ihre Rückkehr und auch kleinere Produktionen wie Tormented Souls kommen bei den Fans gut an. Zum zwanzigjährigen Jubiläum bekommt auch die Project-Zero-Reihe mit Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers einen neuen-alten Ableger spendiert.


Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers ist der fünfte Hauptteil der japanischen Survival-Horror-Reihe und eine Portierung der 2014 erschienenen Wii-U-Version. Jetzt erscheint es nicht nur für Nintendo Switch, sondern ebenso für alle anderen Konsolen und für den PC. Dieser Plattform-Rundumschlag ist im Vergleich zum schmalen Wii-U-Publikum eine starke Zielgruppenerweiterung. Kaum erweitert allerdings wurde das Spiel selbst, das schon 2014 an etlichen selbstgeschaffenen Problemen strauchelte und mit Abstand der schwächste Teil der Reihe war und bleibt. Trotzdem schimmern auch in Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers die Qualitäten der Reihe unter der Oberfläche hervor.

Kummervoller Berg Hikami

Das Spiel folgt der Geschichte dreier Figuren – Yūri, Ren und Miu verschlägt es aus unterschiedlichen Gründen auf den geheimnisumwobenen Berg Hikami. Heiße Quellen und idyllische Wanderwege sollten dieses Gebiet einst in eine Touristenmetropole verwandeln, ein gewaltiger Erdrutsch setzte diesem Vorhaben und unzähligen Menschen aber ein jähes Ende. Eine Dunkelheit breitete sich über dem Gebiet aus und man erzählt sich, dass der Berg immer mehr Menschen mit seiner verlockenden Präsenz in den Suizid treibt. Eigentlich genug Gründe, schleunigst die Beine in die Hand zu nehmen und dem Berg für immer den Rücken zu kehren.

Die Verflechtungen des Schicksals gestalten sich allerdings wesentlich komplizierter und schnell sehen sich die drei mit schrecklichen Geheimnissen, beängstigenden Ritualen und einer Menge ruheloser Geister konfrontiert. Erneut nimmt sich die episodenhafte Erzählung in Project Zero viele Vorbilder aus der japanischen Kultur und dessen Traditionen. Zahlreiche verstreute Notizen prägen neben den Zwischensequenzen und den Dialogen unser Bild der zutiefst depressiven Geschichte, in der für jeden Charakter Fröhlichkeit ein Fremdwort ist. In dieser tristen, melancholischen Atmosphäre sehen wir eindeutig eine der größten Stärken des Spiels. Lesefaule Spieler werden die Geschichte nicht verpassen, aber keinesfalls in die tieferen Schichten der Figuren und Erzählungen abtauchen können.

Geister-Safari

Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers KampfsystemDas Alleinstellungsmerkmal der Reihe war seit jeher die Art und Weise, wie die Geister bekämpft werden. Als Mittel gegen die Geister kommt eine alte Lochbildkamera namens Camera Obscura zum Einsatz. Sie ist in der Lage, die schemenhaften Gestalten der realen Welt zu entreißen und auf Fotopapier zu verewigen. Per Knopfdruck wechseln wir auch in Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers von der dritten Person in die Egoperspektive und nehmen mithilfe des Analogsticks oder der Gyro-Steuerung Geister ins Visier. Im richtigen Moment betätigen wir den Auslöser. Je näher wir am Gegner dran sind, um so höher ist der ausgeteilte Schaden.

Am Kampfsystem selbst gab es im fünften Teil einige Neuerungen. Nach jedem Treffer verlieren die Gegner Fragmente und ermöglichen sogenannte Schnappschüsse, falls wir fünf Ziele davon auf einmal ins Visier bekommen. Die Gegner werden damit zurückgeschleudert und lassen uns mehr Zeit unsere nächsten Schritte zu planen. Die verschiedenen Geistertypen punkten mit unterschiedlichen Angriffsmustern. So wuselt ein Trio von Geisterkindern flink umher und nimmt Extraschaden, wenn wir alle drei in einem Bild einfangen. Bei anderen Geistern lohnt es sich auf den titelgebenden Fatal Frame, dem Konterschuss für besonders viel Schaden zu warten. Das ist ein sehr kleines Zeitfenster bevor uns ein Gegner packt, in dem wir ihn in voller Wucht zurückstoßen können. Der Zeitrahmen, in denen wir diese effektiven Fotos schießen, ist selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad sehr großzügig. Damit verkommt ein früheres Erfolgserlebnis leider ein wenig zur Routine.

Das Element Wasser spielt interessanterweise nicht nur inhaltlich eine tragende Rolle. Sind unsere Figuren nass, sind sie verwundbarer für Angriffe und teilen gleichzeitig mehr Schaden aus. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte also nicht schnurstracks durch jede Pfütze waten.

Holprige Wegfindung

Spezielle Linsen verpassen unseren Schüssen Zusatzfunktionen und verlangsamen Gegner oder füllen unsere Lebensanzeige wieder auf. Die Stärke variiert je nach Foto-Typ, einige brauchen auch besonders lang, um sich wieder aufzuladen. Damit ist etwas Taktik in den Kämpfen von Nöten. Besiegte Gegner hinterlassen Punkte und bescheren uns hin und wieder kürzere Videoclips, welche die Geister in ihren letzten Momenten bis zum Ableben begleiten. Project Zero verpasst es hier nicht, selbst normale Gegnern mit erstaunlich viel Profil und Hintergrund zu versehen und das Ganze mit einem erfrischenden Erzählstil zu verbinden.

Leider hat sich Koei Tecmo dazu entschieden, uns die Kamera und die Spielfigur separat steuern zu lassen. Zwar erinnern die Bewegungen unserer Figur dafür nicht mehr direkt an die altertümliche Panzersteuerung, dafür benötigt es zunächst eine gewisse Einübung, bis uns die Koordination von Kamera und Spielfigur einigermaßen gelingt. Trotzdem fühlt sie sich immer an, als müssten wir Charakter und Kamera kontinuierlich durch einen dicken Morast schleppen. Auch die schwache Bildrate sorgt für ein unbequemes Spielerlebnis.

Verschossene Spielstruktur

Camera ObscuraUnglücklicherweise leitet uns jedes Kapitel in ein übergeordnetes Menü zurück, womit der schaurige Verlauf des Abenteuers als eine Abarbeitung von Aufgaben präsentiert wird. Damit geht leider ein gewisser Immersionsverlust einher. Zumindest werden wir nach jedem abgeschlossenen Kapitel mit einer Note bewertet. Die setzt sich aus der Anzahl gefundener Items und gesammelter Geisterpunkte zusammen. Schockierend ist aber, dass wir in diesem Menü unseren stets vollen Rucksack an Items mit nur wenig Aufwand noch weiter aufstocken können. Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers ist viel zu leicht wirft hier jegliche Balancing-Bemühungen direkt noch einmal über Bord. Hier nimmt uns das Spiel zu sehr an die Hand, genauso wie in seiner Spielführung. Die sehr linearen Abschnitte und ein leuchtendes Navigationssystem machen freies Erkunden und Entdecken leider obsolet.

Plattgewalzter Horror

Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers EndgegnerDer Berg Hikami bietet einige beängstigende Schauplätze wie einen Tempel voller hölzerner Puppen und eine verlassene Gondel-Station. Gruselig ist das Spiel aber nie. In Gemäuern trägt die japanisch-beengte Bauart noch am besten zur Horror-Stimmung bei, steht dabei aber bei allem immer tief im Schatten seiner Vorgänger. Das liegt daran, dass das Spiel weder mit kreativen Schockmomenten aufwarten kann, noch auf Gameplay-Ebene Furcht um die Figuren oder den Spielfortschritt weckt – dafür sorgen die dutzenden Heilgegenstände. Fraglich ist auch, warum sich anscheinend Hot Pants und Miniröcke für nächtliche Bergtouren in verregneten Gefilden etabliert haben. In dieser Neuveröffentlichung gibt es neben veränderten Kostümen für unsere Figuren einen umfangreichen Fotomodus. Der passt natürlich sehr gut zum Spiel.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers hat mich auch sechs Jahre nach dem ersten Release überrascht wie unsauber viele Elemente umgesetzt sind. Das fängt bei rudimentären Dingen wie der Kamera und der Steuerung an und endet bei der einfältigen Spielerführung und dem lustlosen Balancing. Das alles sind zeitlose Kritikpunkte, die in allen Vorgängern besser funktionieren und auch in dieser Portierung nicht angegangen wurden. Dennoch konnte ich mich dem Charme mancher Elemente von diesem Project Zero nicht entziehen. Damit meine ich nicht die schamlose und völlige Übersexualisierung aller weiblichen Figuren. Die melancholische und wohlig-schaurige Stimmung, die interessanten Storypunkte und die Fotomechanik bieten im Grunde eine sehr solide Basis, dem das daraufgesetzte Spiel aber nicht das Wasser reichen kann.